Kommentar zum Nachtragshaushalt 2021 Warnschuss für Christian Lindner

Meinung | Berlin · Das Bundesverfassungsgericht hat einen Eilantrag der Union gegen die erste Haushaltsmaßnahme der Ampel-Koalition zurückgewiesen. Die Begründung des Gerichts aber zeigt, dass sich vor allem der Finanzminister vor der endgültigen Entscheidung in Acht nehmen muss.

 Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Donnerstagmorgen zur Entscheidung des Verfassungsgerichts Stellung genommen.

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat am Donnerstagmorgen zur Entscheidung des Verfassungsgerichts Stellung genommen.

Foto: dpa/Michael Kappeler

Was auf den ersten Blick wie eine Schlappe für die Union aussieht, ist auf den zweiten eher ein Etappensieg: Das Verfassungsgericht hat zwar den Eilantrag der Union zurückgewiesen, mit dem sie eine der ersten Entscheidungen der Ampel-Koalition, nämlich den Zweiten Nachtragshaushalt 2021, im Nachhinein kippen wollte.

Doch es schließt sich nun ein Hauptsacheverfahren an, also eine genaue verfassungsrechtliche Prüfung. An deren Ende urteilt das Gericht darüber, ob die Umbuchung von gepumpten 60 Milliarden Euro aus dem Bundeshaushalt 2021 in den Energie- und Klimafonds (EKF) verfassungswidrig war. In ihrer Begründung für die Ablehnung des Eilantrags werfen die Richter so viele knifflige Fragen auf, dass die Union mit Recht darauf hoffen kann, in der Hauptsache am Ende doch zu triumphieren.

Käme es so, hätte vor allem Bundesfinanzminister Christian Lindner ein Riesenproblem: Seine Haushaltspolitik würde komplett über den Haufen geworfen. Um die ambitionierten Ampel-Projekte etwa beim Klimaschutz finanzieren zu können, hatte der FDP-Chef von Anfang an auf Vorratshaltung gesetzt: Er bunkerte im EKF 60 Milliarden Euro, die noch der alte Bundestag 2021 bereits gebilligt hatte, die aber ungenutzt blieben, um sie für Umwelt- und Klimaprojekte ab 2022 zur Verfügung zu haben. Aus dem EKF wurde bereits die Abschaffung der Ökostrom-Umlage finanziert – ebenso wie die Förderung effizienter Gebäude und der Umweltbonus für E-Autos.

Ähnlich ging Lindner bei den Sondervermögen für die Bundeswehr (100 Milliarden Euro) und für den Wirtschaftsstabilisierungsfonds zur Abwehr der hohen Energiepreise (200 Milliarden) vor. Ohne diese kreditfinanzierten Vorratstöpfe hätte Lindner die Schuldenbremse formal nicht einhalten können – weder 2023 noch in den Folgejahren.

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