UN-Hochseeabkommen Es geht doch noch voran mit dem Artenschutz

Meinung · Artensterben, Klimakrise, Mikroplastik – die negativen Nachrichten der Umweltprobleme reißen nicht ab. Die UN hat jetzt durch ihr neues Abkommen der Entleerung der Meere den Kampf angesagt. Und der läuft gar nicht so schlecht.

 Nach jahrelangem Ringen ist endlich eine Einigung zum Schutz eines Drittels der Hochsee, zu dessen Bewohnern auch dieser Buckelwal gehört, getroffen worden.

Nach jahrelangem Ringen ist endlich eine Einigung zum Schutz eines Drittels der Hochsee, zu dessen Bewohnern auch dieser Buckelwal gehört, getroffen worden.

Foto: dpa/Jose Jacome

Die UN machte in den vergangenen Jahren vor allem durch Resolutionen gegen Iran oder Israels Siedlungspolitik und zuletzt die Verurteilung des russischen Angriffskrieges von sich reden. Dabei sind die Vereinten Nationen nicht nur dafür zuständig. Mitunter tun sich die sie tragenden Staaten der Welt auch zusammen, um für den Erhalt des eigenen Naturerbes zu kämpfen. Wie beim Schutz der Meere. Nach zähen, mehr als 15 Jahre dauernden Verhandlungen beschloss die Weltgemeinschaft in New York jetzt, ein Drittel der Weltmeere als Schutzzone auszuweisen. Bis 2030 soll dies in die Tat umgesetzt werden. Überfischung und zunehmendes Artensterben sollen dadurch ein Riegel vorgeschoben werden.

Der Generalsekretär der Vereinten Nationen, António Guterres, kommentierte das Abkommen als „Sieg des Multilateralismus und der globalen Bemühungen gegen zerstörerische Trends". Sicher ist der Beschluss eine mutmachende Nachricht in einer Zeit, in der Sicherheitskrisen und Kriege zunehmend vom Thema des Klima- und Artenschutz ablenken. Er zeigt, dass Zusammenarbeit zwischen Ländern trotz Blockbildung in Konflikten noch funktioniert.

Aus Sicht des Artenschutzes ist so ein Abkommen überfällig, denn die Ozeane stellen einen riesigen CO2-Speicher und Klimapuffer für unsere Erde dar. Zwei Drittel der Weltozeane sind Hochsee, also keine wirtschaftlichen Küstengewässer von Staaten. Es gab für sie bisher kaum Regeln zum Schutze der Arten. Lediglich für ein Prozent des Weltmeeres gab es entsprechende Übereinkünfte. Die jetzige Absicht, 30 Prozent unter Schutz zu stellen, ist also für die UN eine bahnbrechende Errungenschaft. Zumal, da mächtige Nationen wie China zuletzt häufiger strengere Maßnahmen zur Emissionseinsparung blockierten und Einzahlungen in einen internationalen Fonds für Klimaschäden verweigerten. Auch beim Artenschutz hat sich lange Zeit wenig getan. Das änderte sich bei der Weltnaturkonferenz vergangenen Dezember in Kanada. Bereits hier wurde festgelegt, 30 Prozent der weltweiten Erdoberfläche bis 2030 unter Schutz zu stellen. Jetzt wird das 30-Prozent-Ziel explizit auf die Ozeane bezogen und zwar völkerrechtlich bindend. Beobachter vergleichen diesen Schritt mit dem Paris-Abkommen für den Klimaschutz.

Lob ist angebracht, aber eine Vereinbarung ist noch keine Garantie dafür, dass Maßnahmen zur Umsetzung auch erfolgen. Denn das Paris-Abkommen über eine Reduzierung der globalen Erderwärmung auf 1,5 Grad gilt als kaum noch erreichbar. So bleibt abzuwarten, ob aus der aktuellen Erklärung politischer Ernst gemacht wird. Zunächst musst das Abkommen von möglichst vielen Nationen der Staatengemeinschaft ratifiziert werden. Fest steht auch noch nicht, welche Gebiete jetzt konkret als Schutzgebiete ausgewiesen werden. Dafür braucht es immer noch eine Dreiviertel-Mehrheit der Länder. Das wird angesichts häufig in internationalen Fragen blockierender Staaten schwierig werden. Eine internationale Meeresschutzbehörde zur Überwachung fehlt ebenso wie ein entsprechendes Regelwerk. Dies wäre aber nötig, um überhaupt festzulegen, wie der Umgang mit einem Schutzgebiet aussehen soll. Ein absolutes Verbot der Fischerei in diesen Gewässern oder zumindest die Einführung einer strengen Fangquote?

Dazu sollte man mächtige Küstenstaaten unter genaue Beobachtung stellen, denn nicht nur der idealistischer Artenschutz ist Teil ihrer Agenda. Auch sie wollen weiterhin an dem Profit, der aus der Erforschung von Meeresressourcen entsteht, beteiligt werden. Es bleibt zu hoffen, dass in der Vereinbarung, dessen genauer Inhalt noch nicht öffentlich ist, ärmere Staaten nicht zugunsten von Industriestaaten zu kurz kommen.

Die Festlegung der Schutzgebiete muss jetzt schnell mit Leben gefüllt werden, bis 2030 ist nicht viel Zeit. Sonst geht die Plastikverschmutzung und der Populationsrückgang bestimmter Schlüsselarten ungehindert weiter. Einen handfester Ansatz, um den Artenschutz in diesem Jahrzehnt entscheidend voranzubringen, ist mit dem Hochseeabkommen aber schon mal geschaffen. Das ist nicht wenig.

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