Mogelpackung des Jahres 2022 “Mogeln“ hilft weder Herstellern noch Verbrauchern

Meinung · Die Wahl der „beliebtesten“ Mogelpackungen in deutschen Supermärkten sorgte für Erstaunen und Belustigung. Doch viele, die mit abgestimmt haben, sind über die Hersteller richtig verärgert. Diese verspielen das Vertrauen ihrer Kunden.

Gummibärchen, Chips und Co.: Das sind die Kandidaten für die Mogelpackung 2022
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Das sind die Kandidaten für die Mogelpackung des Jahres 2022

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Foto: Verbraucherzentrale Hamburg

Das Gefühl, getäuscht zu werden, ist bei Kunden so groß wie nie: Im Jahr der hohen Inflationsraten gab es mehr Beschwerden als jemals zuvor. Denn immer mehr Hersteller von Lebensmitteln und Konsumartikeln gingen dazu über, ihre gestiegenen Produktionskosten möglichst versteckt an die Verbraucher weiterzugeben. Das Vorgehen der Industrie ist nachvollziehbar, aber nicht immer fair. Die meisten Unternehmen könnten mit dem Thema viel besser umgehen.

Den Vogel abgeschossen hat nach Meinung der befragten Verbraucher die bekannte Marke „Rama“ der Firma Upfield. Die verlangt für ihr Streichfett zwar den gleichen Preis, aber füllt nur 400 statt 500 Gramm in die entsprechende Verpackung. Auch andere beliebte Produkte sind bei Füllmenge und Gewicht erstaunlich verschlankt worden. Weil der Preis in den meisten Fällen gleich blieb, ist die Preissteigerung erst auf den zweiten Blick erkennbar. Das ist kein Betrug, denn die Hersteller verstoßen bei den Preissteigerungen gegen keine Gesetze. Immerhin kann jeder lesen, dass die Margarine jetzt 400 Gramm enthält statt vorher 500 Gramm. Doch wer schaut da immer genau drauf. Den Gefallen, etwa „jetzt 25 Prozent weniger Inhalt“ auf die Verpackung zu drucken, machen die Hersteller den Konsumenten jedenfalls nicht.

So kann aber nur der aufmerksame Käufer die Veränderungen bemerken, die Eiligen und weniger Gründlichen werden hinters Licht geführt: Erst lange nach dem Kauf, nämlich wenn er zu Hause Chipsrolle oder Gummibären-Tüte aufmacht, erfolgt die böse Überraschung: Bei gleicher Verpackungsgröße ist die Füllhöhe deutlich niedriger.

Dabei hat der Verbraucher gar nicht so sehr ein Problem mit Preissteigerungen. Jeder hat mitbekommen, dass durch Lieferkettenprobleme und hohe Inflation Änderungen nicht ausbleiben. Was den Kunden aber enttäuscht, ist der dreiste Versuch der Konzerne, diese zu kaschieren. Warum versuchen Hersteller nicht einfach, die Teuerung samt Begründung auf Banderole oder Etikett zu drucken? Oder zumindest auf ihren Webseiten darauf hinzuweisen. Die Kunden werden ihnen wohl kaum in Scharen davonlaufen, schließlich hat die Konkurrenz vergleichbare Probleme. Ehrlichkeit würde hier länger währen: Der Kunde ärgert sich zwar kurz über den Hinweis auf Preissteigerung, goutiert aber die Offenheit des Herstellers. Er greift so also eher wieder zum Produkt, als wenn er im Nachhinein erfährt, unwissentlich mehr bezahlt zu haben. Davon ist auch die Verbraucherzentrale überzeugt und fordert jetzt ein Nachbessern des Gesetzgebers:

Müllpackungen sollten verboten werden, ein Produkt sollte seine Umverpackung immer möglichst ausfüllen. Und was in Brasilien schon gut funktioniert, sollte hier auch dringend eingeführt werden: Da müssen Hersteller nämlich für mehrere Monate die alte und neue Inhaltsmenge auf das Produkt drucken sowie über die prozentuale Schrumpfung aufklären. Und auch Hersteller selbst sollten ein Interesse daran haben, Ressourcen bei der Verpackung einzusparen und, was noch viel wichtiger ist, in unsicheren Zeiten das Vertrauen ihrer Kunden zu behalten. Zumindest sollte der vergleichbare Kilopreis Pflicht werden.

 Die Nummer 1 der „beliebstesten“ Mogelpackungen im Jahr 2022 ist Rama.

Die Nummer 1 der „beliebstesten“ Mogelpackungen im Jahr 2022 ist Rama.

Foto: Verbraucherzentrale Hamburg

Jetzt ist jeder Verbraucher umso mehr angehalten, genauestens Preise zu vergleichen, am besten den Kilopreis als Referenz zurate zu ziehen. Als Stammkäufer liegt es oft nahe, ohne Nachdenken erneut zum bekannten Produkt zu greifen. Aber der Kunde selbst hat es am Ende in der Hand. Letztlich steuert er den Wettbewerb, solange genügend Alternativen vorhanden sind.

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