#mitreden-Debattenwettbewerb im NRW-Landtag Unsichere Rente? Nicht mit uns!

Düsseldorf · Im Düsseldorfer Landtag wurde beim Finale des RP-Debattenwettbewerbs lebhaft debattiert – auf beachtlichem Niveau. Am Ende reichte es aber nur für einen Sieger. Aber das Ergebnis war denkbar knapp.

Die Finalisten und Juroren des Debattenwettbewerbs #mitreden im NRW-Landtag (v.l.): Martin Kessler (RP-Politikchef), NRW-Landtagspräsident André Kuper, Matthias Körner (RP-Geschäftsführer), Moritz Döbler (RP-Chefredakteur), Heidi Swoboda, Luzia Nickl (beide Käthe-Kollwitz-Gesamtschule Grevenbroich), Selma Nagel, Phil Morgenroth (beide Gymnasium am Moltkeplatz Krefeld), Markus König, Andrea Dimitrova (beide Evonik Industries), Lilli Stegner (RP).

Die Finalisten und Juroren des Debattenwettbewerbs #mitreden im NRW-Landtag (v.l.): Martin Kessler (RP-Politikchef), NRW-Landtagspräsident André Kuper, Matthias Körner (RP-Geschäftsführer), Moritz Döbler (RP-Chefredakteur), Heidi Swoboda, Luzia Nickl (beide Käthe-Kollwitz-Gesamtschule Grevenbroich), Selma Nagel, Phil Morgenroth (beide Gymnasium am Moltkeplatz Krefeld), Markus König, Andrea Dimitrova (beide Evonik Industries), Lilli Stegner (RP).

Foto: Anne Orthen (ort)

Eine durch Corona und Inflation benachteiligte Generation – könnten die Älteren auf die schon mal mehr finanziell Rücksicht nehmen? Oder dürfen Senioren in Armut gerade jetzt nicht zurückgelassen werden? Sind Zwölfjährige noch Kinder und sollten unter allen Umständen vor dem Strafrecht geschützt werden oder können sie die Folgen Ihres Handelns selbst abschätzen? Diese Themen gingen Schüler und Schülerinnen ganz persönlich an, entsprechend emotional diskutierten sie.

Die Halbfinal- und Finalrunde des Debattenwettbewerbs #mitreden, ein Projekt das jetzt zum zweiten Mal von der Rheinischen Post in Kooperation mit dem Chemiekonzern Evonik Industries ausgetragen wurde, fand erneut im Herz der NRW-Demokratie, im Plenarsaal des Düsseldorfer Landtags statt. Vier Debattenteams von vier verschiedenen Schulen, acht Schülerinnen und Schüler im Alter von 16 bis 18 Jahren, haben sich einen lebhaften Schlagabtausch geliefert. Vertreten waren die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule in Grevenbroich, das Gymnasium am Moltkeplatz in Krefeld, die Joseph-Beuys-Gesamtschule in Kleve und das Friedrich-Rückert-Gymnasium in Düsseldorf. 15 Schulen aus dem gesamten Verbreitungsgebiet unserer Redaktion hatten teilgenommen, die vier Halbfinalisten durften jetzt im NRW-Parlament debattieren.

Landtagspräsident André Kuper lobte die Schüler, mit der Teilnahme am Wettbewerb seien sie bereits Sieger. „Meinung, Rede und Gegenrede kann man üben und durch diese Erfahrung ist man fürs Leben vorbereitet“, sagte Küper im Plenum, in dem neben Schülern und Lehrern der Schulen auch Medienvertreter, insgesamt rund 170 Personen, anwesend waren. Auch Christian Kullmann, Vorstandschef von Evonik, sprach zu den Schülern: „Mitreden heißt miteinander reden, nicht belehren. Es gilt, sich auf die Argumentation des anderen auf Augenhöhe einzulassen.“ Kullmann nahm sich auch als Chef eines großen Konzerns selbst in die Pflicht. So waren die Vertreter der Chemieindustrie kürzlich zu einem Abendessen mit Bundeskanzler Olaf Scholz eingeladen. „Nehmen Sie unsere Forderungen entgegen“, hätten die Manager das Gespräch begonnen. Das sei belehrend. Und der Gegenüber sei dann weniger bereit, sich darauf einzulassen. „Miteinander reden ist deshalb besser“, appellierte Kullmann.

Es schien fast, als hätten sich die Debattenteilnehmer den Wunsch Kullmanns, auf Augenhöhe zu diskutieren, im Anschluss zu Herzen genommen. Kontrovers, aber fair und respektvoll tauschten die Kontrahenten sich aus. Jeweils zwei Teams traten gegeneinander an, die Pro- und Contra-Rolle wurde ihnen zugelost. Das Halbfinalthema war nicht ganz einfach: Rentenreform zugunsten der jungen Generationen? Ja oder nein. Die Aktienrente soll kommen, findet die FDP. Ein dickes Rentenpaket, um das Niveau der gesetzlichen Rente abzusichern – das will die SPD. Fest steht, in unserer alternden Gesellschaft könnte das bisherige Rentensystem ins Wanken geraten. Die Teilnehmer waren auf die Fragestellung gut vorbereitet: „Unsere Generation ist im Dauerkrisenmodus. Wie sollen wir im Leben noch etwas reißen, wenn wir keine sichere Rente haben?“, das hörte man von der Pro-Seite gleich zweimal, vertreten durch die Joseph-Beuys-Gesamtschule in Kleve (Zeliha Ates und Susanita Podosyan) und das Friedrich-Rückert-Gymnasium in Düsseldorf (Rasmus Hawickhorst und Robert Nemere). Auch das Vorbild war zweimal Schweden. Das Land zweigt bei den Beschäftigten einen Prozentsatz der Rentenbeiträge ab und investiert die am Aktienmarkt. Die Forderungen der Pro-Anwälte: Das Renteneintrittsalter sollte vorübergehend erhöht werden, dazu sollten Steuerabgaben für Ältere steigen. Eine kühne Forderung der Pro-Seite.

Die Teams der Contra-Seite, es waren das Gymnasium am Moltke-Platz (Selma Nagel und Phil Morgenroth) und die Käthe-Kollwitz-Gesamtschule (Heidi Swoboda und Luzia Nickl) sahen das anders. Niemals dürfe eine Rentenreform zulasten der Alten gehen. Eine Reform müsse generationengerecht sein, dazu sei eine Aktienrente der falsche Weg. Die Kurse seien viel zu schwankend. Man sollte mehr Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt integrieren, etwa durch Einwanderung oder bessere Anreize zu mehr Vollzeitbeschäftigung, argumentierten die Contra-Teams. Dazu sollten auch Selbstständige und Beamte einzahlen, das unterstütze das Rentensystem zusätzlich. Die Jury fand viel Überzeugendes bei beiden Seiten, gab aber am Ende den Contra-Teams aus Krefeld und Grevenbroich den Vorzug.

Das Finale wurde von RP-Chefredakteur Moritz Döbler eröffnet. Der Journalist verglich den Parlamentssaal mit der Staatengemeinschaft der Welt. Ein einziges Land stelle nur eine winzige Minderheit dar und könne der Mehrheit nicht seinen Willen aufdrängen. Umgekehrt dürfe man Aggressionen eines einzelnen Landes wie Russland nicht zulassen. Sonst mache das Schule. „Es gibt andere Länder bei der großen Mehrheit, die ein Interesse daran haben könnten, sich fremde Gebiete einzuverleiben. Das ist die Realität. Genau deshalb dürfen wir das, was in der Ukraine passiert nicht zulassen“, betonte Döbler. Aber er beendete seinen Impuls auch hoffnungsvoll: „Auf den Krieg folgt Frieden und eine erneute Blütezeit.“

Das Finalthema wog dann ähnlich ernst. Es ging um die Frage, ob man die Strafmündigkeit für Jugendliche von 14 auf zwölf Jahre herabsetzen sollte – ein im Zuge der Tötungstat von Freudenberg zuletzt kontrovers diskutiertes Thema. Schwere Straftaten aus dieser Altersgruppe haben zuletzt zugenommen, es müsse etwas passieren, forderte Team Krefeld, das sich für die Pro-Seite aussprechen musste. Kinder seien in jungem Alter schon zurechnungsfähig und könnten kaltblütige Morde begehen. Das sei nicht ausschließlich Sache des Jugendamts. Zwar sollten Kinder nicht weggesperrt, aber eine Sühne für Mord müsse es auch für Zwölfjährige geben. Eine Konfrontation mit der Tat wäre aber auch ohne eine Herabsetzung der Strafmündigkeit denkbar, entgegnete Team Contra aus Grevenbroich. „Es geht um Kinder. Mit zwölf Jahren weiß ich noch gar nicht, was eine Straftat, geschweige denn Mord ist“, argumentierte das Team.

Es fielen überzeugende Thesen auf beiden Seiten, ein klarer Sieger war schwer auszumachen. Das Contra-Team der Käthe-Kollwitz-Gesamtschule Grevenbroich bekam schließlich den Sieg zugesprochen. Trotz eines etwas schwächeren Schlussplädoyers, überzeugte die Jury die Argumentation und die Schlagfertigkeit des Teams um die beiden 17-Jährigen Heidi Swoboda und Luzia Nickl einen Tick mehr. Der frenetische Applaus ihrer Mitschüler war ihnen sicher.

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