Messe zu Leihmutterschaft in Köln Wie weit darf der Kinderwunsch gehen?
Analyse | Düsseldorf · An diesem Wochenende informiert eine Messe in Köln über Möglichkeiten der Leihmutterschaft im Ausland – obwohl diese in Deutschland gesetzlich verboten ist. Was Frauenrechtler und Kinderwunsch-Mediziner dazu sagen.
Das Thema Leihmutterschaft wird seit jeher kritisch gesehen. Befürworter sehen darin eine Chance, sich einen Kinderwunsch zu erfüllen. Gegner befürchten die Ausbeutung der Frauen, die als Leihmutter das Kind austragen oder führen ethische Probleme ins Feld.
Ab kommenden Samstag ist Köln der Ort der zweitägigen Kinderwunschmesse „Wish for a Baby“, auch „Kinderwunschtage“ genannt. Laut offizieller Webseite soll in zahlreichen Seminaren und Gesprächsrunden über unterschiedliche Wege der Kinderwunscherfüllung und die Erkrankung Endometriose, Unfruchtbarkeit und die emotionalen Folgen informiert werden. Im Fokus scheint das Thema Leihmutterschaft zu stehen.
16 von derzeit 43 Programmpunkten geben Auskunft darüber, wie man im Ausland eine Leihmutter findet und wo welche Gesetze gelten. Die Initiative „Lasst Frauen sprechen!“ sieht darin Werbung für die hierzulande verbotene Leihmutterschaft und Eizellenspende, bei der einer Frau eine fremde, befruchtete, weibliche Keimzelle übertragen wird. Mit einer Protestaktion vor den Messesälen will sie auf ihr Anliegen aufmerksam machen. „Dieser ganze Markt ist eine riesige Gelddruckmaschine – und den Preis dafür zahlen die Frauen“, sagt Monika Glöcklhofer, Sprecherin der Initiative.
Leihmutterschaft ist in Deutschland durch das Embryonenschutzgesetz (ESchG) verboten. Wer dagegen verstößt, macht sich strafbar und kann sogar zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt werden. Wunscheltern, die im Ausland eine Leihmutter und Klinik in Anspruch nehmen, gehen hingegen straffrei aus.
Und das wird auch angenommen: Wer online „Leihmutterschaft“ in die Suchmaschine eingibt, erhält mehrere werbegeldfinanzierte Ergebnisse von Leihmutter-Zentren weltweit. Die Kliniken sitzen in der Ukraine, Zypern, Griechenland, Kolumbien oder den USA. Die Preise variieren zwischen 13.000 Euro und mittleren sechsstelligen Beträgen – je nachdem, wie schnell man sein Baby erhalten möchte und wo die Klinik ihren Standort hat. Teils wird direkt auf Leihmutter-Datenbanken verwiesen, in denen Steckbriefe und Fotos der austragenden Frauen angezeigt werden. Aus diesem Katalog kann man auswählen. Alles erscheint sehr einfach.
Eine Kommission aus Experten der Bereiche Medizin, Recht, Ethik und Psychologie prüft derzeit, ob die Leihmutterschaft auch in Deutschland denkbar ist. Dabei soll es jedoch explizit um die altruistische Form gehen, bei der die gebärende Frau das Kind den Wunscheltern ohne Bezahlung überlässt. Glöcklhofer und ihre Mitstreiterinnen – rund ein Dutzend Frauen – lehnen das ausdrücklich ab. „Altruistische Leihmutterschaft gibt es nicht“, sagt sie. „Das Label Altruismus ist eine große Lüge und verschleiert den kommerziellen Charakter.“ Denn Kliniken und Agenturen würden weiterhin finanziell profitieren, auch wenn die Frauen selbst angeblich kein Geld erhalten. „Das ist bereits jetzt ein Milliardengeschäft und wird weiter florieren.“
Glöcklhofer zieht starke Parallelen zur Prostitution und warnt vor einer weiteren Form der Ausbeutung von Frauen. „Menschen aus dem Westen mit Geld kaufen sich die Dienste einer Frau, die im Ausland in Armut lebt, um ein Kind zu bekommen“, sagt die Frauenrechtlerin. Schon jetzt würden Kliniken sowie Agenturen den größten Anteil des Geldes kassieren.
Wie viel Geld jene Frauen tatsächlich erhalten, ist schwer nachzuvollziehen. Eine Agentur aus der Ukraine schreibt auf ihrer Website, die Frauen würden zwischen 13.000 und 19.000 Euro erhalten. Eine genaue Auflistung zeigt: Erst, wenn das Kind gesund zur Welt gekommen ist, wird eine Zahlung von 14.000 Euro fällig. Vorher gibt es nur wenige hundert Euro pro Schwangerschaftsmonat. Die Wunscheltern aber zahlen dem Anbieter 40.000 bis 54.000 Euro. Laut der US-Bundesbehörde Center for Disease Control and Prevention (CDC) wurden zwischen 1999 und 2013 rund 18.400 Kinder in den USA von einer Leihmutter geboren. Jährlich steige die Zahl. Rund 16 Prozent der Wunscheltern kämen aus dem Ausland.
Auch Medizinprofessor Jan-Steffen Krüssel, Leiter des universitären Kinderwunschzentrums Düsseldorf (Unikid), kennt Paare, die sich für eine Leihmutterschaft entscheiden. „Allerdings ist das wirklich sehr selten. Ich kenne drei Paare und mache diesen Job seit 1993“, sagt der Mediziner, der sich beruflich mit der Reproduktionsmedizin befasst. Deutlich mehr seien es bei der Eizellspende: Zwischen 3000 und 5000 Paare würden pro Jahr dafür ins Ausland gehen. Krüssel sieht es daher als „längst überfällig“ an, dass die Eizellspende in Deutschland legalisiert wird. Auch andere Mediziner, die wie er im wissenschaftlichen Beirat der Bundesärztekammer sitzen, verträten diese Position.
Bei der Leihmutterschaft hingegen haben er und seine Kollegen noch keinen Konsens gefunden. „Die Grenze zwischen altruistischer und kommerzieller Leihmutterschaft ist schwer zu definieren und auch von den Bedingungen im Land abhängig“, sagt der Mediziner. Aus seiner Sicht sei das aber kein Grund, diese zu verbieten. „Es ist eher ein Grund, sie zuzulassen. Jedoch unter den Bedingungen, die wir in Deutschland als richtig erachten und die mit möglichst wenig Risiken behaftet sind.“ Eine Ausbeutung der Frauen sehe er dabei nicht, sofern sie über die Risiken aufgeklärt werden. Schließlich könnten sie sich frei für oder gegen das Austragen des Kindes entscheiden.
Glöcklhofer und ihre Mitstreiterinnen hoffen, dass es zu keiner Legalisierung der Leihmutterschaft in Deutschland kommt. „Sondern dass die Kommission sich auf die Ethik besinnt, dass Kinder keine Handelsware werden“, sagt sie. Um ihrem Anliegen Ausdruck zu verleihen, wählen sie gezielt eine drastische Symbolik: Rote Umhänge und weiße Hauben, wie die Dienerinnen im dystopischen Roman „Der Report der Magd“ (Originaltitel: The Handmaid's Tale) von Margaret Atwood. Die wenigen verbleibenden fruchtbaren Frauen werden dort als Angestellte reicher Familien zum Geschlechtsverkehr gezwungen, um ihnen Kinder zu gebären. Den Vergleich findet Glöcklhofer angemessen: Für sie ist Leihmutterschaft Menschenhandel und Sklaverei.