Aktueller Stand vor den „Midterms“ Den Demokraten kann nur noch ein Wunder helfen

Meinung | Washington · Die Umfragen kurz vor den Zwischenwahlen, den sogenannten Midterms, in den USA, zeigen, dass Biden sich die Regierung wahrscheinlich mit Republikanern teilen muss. Der Erfolg hat vor allem mit einer großen Sorge der Wählerinnen und Wähler zu tun.

Kleine Aufstellplakate in Washington.

Kleine Aufstellplakate in Washington.

Foto: dpa/Lenin Nolly

Jetzt kann den Demokraten nur noch ein Wunder helfen. Sollten die Umfragen am Vorabend der Zwischenwahlen zum US-Kongress nicht völlig daneben liegen, wird sich Präsident Joe Biden künftig mit den Republikanern die Regierung teilen müssen. Im Repräsentantenhaus gilt die Übernahme der Mehrheit durch die Trump-Partei als nahezu gewiss. Dort müssen sie nur fünf Sitze hinzugewinnen. Im bisher 50 zu 50 geteilten Senat bleibt es spannend bis zur letzten Minute. Alle Augen richten sich auf den Ausgang der Rennen in Georgia, Nevada und Pennsylvania.

Damit folgen die „Midterms“ an diesem Dienstag dem typischen Muster, das die erste nationale Abstimmung nach den Präsidentschaftswahlen zu einem Referendum über den Amtsinhaber macht. Und dieser ist denkbar unbeliebt. Bidens Zustimmungswerte bewegen sich um die 40-Prozent-Marke. Nicht viel besser als die Trumps bei den Zwischenwahlen vor vier Jahren. Neben der Unpopularität des fast 80-jährigen Präsidenten treiben die Amerikaner tiefe Sorgen über die Rekord-Inflation und eine Rezession um. Einer von zwei Wählern sagt den Demoskopen am Vorabend der Zwischenwahlen, die Wirtschaft sei das wichtigste Thema für sie. Das dürfte den Republikanern helfen, denen die Wähler traditionell größere ökonomische Kompetenz zusprechen.

Die Demokraten hatten zu Beginn des Wahlkampfs im Spätsommer noch gehofft, die „Midterms“ zu einer Richtungswahl machen zu können. Der Rückenwind durch die Anhörungen zum 6. Januar, die Dokumenten-Affäre Donald Trumps und das Abtreibungsurteil des obersten Gerichts gaben begründeten Anlass dazu. Vor allem die Empörung über die Restriktionen beim Zugang zu legalen Schwangerschaftsabbrüchen stellte die bis dahin erwartete Übernahme der Mehrheit im Kongress durch die Republikaner infrage. Frauen registrierten sich in Rekordzahl als Wählerinnen für die „Midterms“.

Am Vorabend des Wahltags hat sich diese Hoffnung zerschlagen. Mehr als dreimal so viele Amerikaner nennen die Wirtschaft als ausschlaggebend für ihre Entscheidung. Und die Verteidigung der Demokratie in den USA beschäftigt fast ausschließlich die Anhänger der Demokraten. Angesichts der deutlich geringeren Wahlbeteiligung bei „Midterms“ gegenüber Präsidentschaftswahlen, spielt die Mobilisierung der eigenen Basis eine noch größere Rolle als ohnehin schon. Beim Herzschlagfinale im Rennen um die Mehrheit im Senat könnte das den Ausschlag geben.

Egal, ob die Republikaner nur den „Speaker“ im Repräsentantenhaus stellen, oder auch den Senat kontrollieren, wird Biden damit für den Rest seiner Amtszeit kein Gesetz mehr beschließen können. Stattdessen muss sich der Präsident auf eine Totalblockade seiner Politik und Untersuchungsausschüsse einstellen.

Weitergehende Rückschlüsse für die Präsidentschaftswahlen in zwei Jahren lassen sich aus den „Midterms“ nicht ziehen. Zumal Trump bereits Spekulationen genährt hat, in absehbarer Zeit seine erneute Kandidatur für das Weiße Haus anzukündigen. Wenn die Amerikaner eines noch weniger wollen als eine Wiederwahl Bidens, ist es die Rückkehr des Ex-Präsidenten ins Weiße Haus.

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