Lücken in der Kommunikation Die Versäumnisse der Wissenschaft

Meinung · Die Impfskepsis zeige auf, dass Politik und Wissenschaft versagt haben, schreibt unsere Autorin. Und zwar darin, mit der Bevölkerung auf Augenhöhe zu kommunizieren. Fehler in der Corona-Kommunikation ließen sich kaum mehr ausbessern.

 Laut unserer Autorin lässt sich unsere Gesellschaft grob in zwei Lager aufteilen: Impfbefürworter und Impfverweigerer.

Laut unserer Autorin lässt sich unsere Gesellschaft grob in zwei Lager aufteilen: Impfbefürworter und Impfverweigerer.

Foto: dpa/Moritz Frankenberg

Das zweite Pandemiejahr hinterlässt ein gespaltenes Deutschland. Die Bevölkerung lässt sich grob in zwei Lager einteilen: die Impfverweigerer und die Impfbefürworter. Die Beweg­gründe für die Impfskepsis in Teilen unserer Gesellschaft sind vielfältig und oft schwer fassbar. Impfskepsis kann in der Angst vor dem Impfstoff und seinen Nebenwirkungen genauso wie in der Unsichtbarkeit und damit Unwirklichkeit des Erregers begründet sein.

Aber auch der Unwille, sich von einer kleinen Gruppe an (besserwissenden) Mitbürgern vorschreiben zu lassen, was zu tun und was zu lassen ist, kann die Verweigerungshaltung beflügeln. Die Impfskepsis zeigt das Versagen von Politik und Wissenschaft auf, mit der Bevölkerung in Krisen­situationen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Ein Teil unserer Gesellschaft wurde im Zuge der Infektionsaufklärung schlichtweg nicht abgeholt.

Der Widerstand von Bevölkerungsgruppen gegen Infektionsschutzmaßnahmen wurde unter anderem durch eine nicht ausreichende Wissenschaftskommunikation verursacht. Während Gelehrtengesellschaften und Expertengremien zweifelsohne wichtige Handlungsempfehlungen formulieren, sind diese zumeist nur für Fachleute verständlich und öffentlich kaum sichtbar. Schwieriger ist es, dieses Wissen für eine nicht in Infektionswissenschaften vorgebildete Bevölkerungsmehrheit aufzuarbeiten und den Menschen gezielt zugänglich zu machen.

Bisher haben sich nur wenige Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einer öffentlichkeitswirksamen Infektionsaufklärung gewidmet und die diverse Medienformate wurden zu Beginn nur zögerlich genutzt. Die Wissenslücken, die durch die anfängliche mangelnde Wissenschaftskommunikation entstanden, wurden von Verschwörungstheorien schnell gefüllt und über soziale Medien verbreitet. Und die dabei verbreiteten Falschinformationen sind wie das Coronavirus selbst: Hat es einmal seinen Wirt gefunden, vermehrt es sich rasant und lässt sich schwer zurückdrängen.

Unsere Autorin ist Professorin für Infektions­biologie an der RWTH Aachen. Sie wechselt sich hier mit der Philosophin Maria-Sibylla Lotter ab.

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