Asylpolitik in Großbritannien Flüchtlingsdeal mit Ruanda verschiebt Tabugrenze

Meinung | Düsseldorf · Das Königreich will trotz Einspruchs des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte irreguläre Migranten nach Ruanda ausfliegen. Das soll Flüchtlinge davon abhalten, in Schlauchbooten den Ärmelkanal zu überqueren. Warum der Kurs der Härte sich gegen die Falschen richtet.

 Eine Gruppe Geflüchteter wird nach einem Zwischenfall auf dem Ärmelkanal an die britische Küste gebracht.

Eine Gruppe Geflüchteter wird nach einem Zwischenfall auf dem Ärmelkanal an die britische Küste gebracht.

Foto: dpa/Gareth Fuller

Großbritannien ist dabei, Tabugrenzen in der Flüchtlingspolitik zu verschieben. Auch nach einem vorläufigen Stopp durch den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte hält das Königreich an seinen Plänen fest, irregulär eingereiste Migranten nach Ruanda abzuschieben – egal, woher sie kommen. Sollte Großbritannien bald tatsächlich den ersten Abschiebeflieger starten lassen, wäre das nicht nur ein Symbol dafür, dass geflüchtete Menschen in Europa behandelt werden wie eine lästige Fracht. Es wäre auch ein Bruch mit internationalem Flüchtlingsrecht. Denn Großbritannien beschränkt dann den Zugang zu seinem Hoheitsgebiet, es verweigert den Schutz vor Zurückweisung und diskriminiert eine bestimmte Gruppe von Flüchtlingen, weil vor allem alleinstehende Männer abgeschoben werden sollen. Und das alles, ehe irgendetwas über individuelle Fluchtgründe bekannt wäre, denn die Verfahren sollen auch nach Ruanda ausgelagert werden. Für Premier Boris Johnson dürfte sich die Härte gegen Migranten, statt gegen Schlepper indes lohnen, löst er damit doch ein, was schon ein Versprechen des Brexit war: die Insel abzuschotten.