Britischer Generalkonsul Rafe Courage „Wir sind uns nahe – aber wir streiten auch manchmal“

Interview | Düsseldorf · Den Brexit zu erklären, empfand Rafe Courage als besondere Herausforderung in seiner Düsseldorfer Amtszeit als britischer Generalkonsul. Sonst seien die Beziehungen zwischen beiden Ländern weit besser als nach außen sichtbar, besonders in NRW. Und was ihn mit König Charles verbindet, verrät der lebhafte Brite im Interview.

Zur Verabschiedung des britischen Generalkonsuls Rafe Courage (3.v.l.) hatte der Landtag NRW in sein Restaurant eingeladen. Mit dabei waren (v.l.) Nachfolger Nick Russell, Landtagspräsident André Kuper, die britische Botschafterin Jill Gallard und NRW-Europaminister Nathanael Liminski.

Zur Verabschiedung des britischen Generalkonsuls Rafe Courage (3.v.l.) hatte der Landtag NRW in sein Restaurant eingeladen. Mit dabei waren (v.l.) Nachfolger Nick Russell, Landtagspräsident André Kuper, die britische Botschafterin Jill Gallard und NRW-Europaminister Nathanael Liminski.

Foto: Anne Orthen (orth)

Im konsularischen Korps der Landeshauptstadt genießt der Brite Rafe Courage fast so etwas wie Kultstatus. Kaum ein politisches Großereignis in NRW fand ohne den rührigen Generalkonsul statt. Er gilt als perfekter Netzwerker. Zu seinem Abschied im Landtag kam viel Prominenz, darunter etliche Kolleginnen und Kollegen anderer Länder wie etwa die US-Generalkonsulin Pauline Kao, der chinesische Amtsträger Du Chunguo oder der polnische Doyen des Korps, Jakub Wawrzyniak. Auch Landtagspräsident André Kuper und NRW-Europaminister Nathanael Liminski (CDU) ließen es sich nicht nehmen, den britischen Diplomaten persönlich zu verabschieden. Selbstverständlich hielt auch Courages Chefin, die britische Botschafterin Jill Gallard aus Berlin, eine launige Rede. Courage freut sich auf den neuen Job in der britischen Regierung in London, er geht aber auch mit Wehmut.

Herr Courage, Sie verlassen Düsseldorf nach fast sechs Jahren als Generalkonsul. Ist das nicht eine lange Zeit für einen Diplomaten?

Courage Ja, normalerweise sind es nur vier oder fünf Jahre. Ich habe einmal verlängert, um die Invictus Games für unsere Soldatinnen und Soldaten zu begleiten. Die sind aber verschoben worden. Und dann hat noch mein designierter Nachfolger abgesagt. So ist es etwas länger geworden, was ich aber nicht bereue. Und mit Nick Russell wird eine hervorragende Persönlichkeit neuer Generalkonsul.

Sie kennen Deutschland wie nur wenige, schon in der Schule haben Sie Deutsch gelernt. Was verbindet die Länder?

Courage Deutsche und Briten werden gerne als Cousins bezeichnet. Ich glaube, das trifft es ganz gut. Wir sind uns nahe, aber wir streiten auch manchmal. Ganz wie in einer großen Familie.

Haben Sie in jüngster Zeit oft mit der deutschen Seite gestritten?

Courage Nein, ganz im Gegenteil. Trotz Brexit haben wir hier in Nordrhein-Westfalen einen äußerst konstruktiven Dialog mit der Landesregierung und auch mit den vielen Institutionen und Unternehmen im Land. Übrigens gehört auch Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland zu meinem Betreuungsgebiet. Auch da klappte es sehr gut. Und deshalb freut es mich, dass ich meinen Abschied im NRW-Landtag begehen darf – und mit Landtagspräsident André Kuper und Europaminister Nathanael Liminski zwei Vertreter der Landesregierung und viele Landtagsabgeordnete anwesend waren.

Gibt es eine besondere Nähe Nordrhein-Westfalens zum Königreich?

Courage Die Verbindungen zwischen dem Land und Großbritannien sind sehr eng. Es gibt eine große britische Gemeinde hier, wir hatten die Vergangenheit mit der Rheinarmee. Und auch jetzt gibt es noch britische Streitkräfte in NRW. Dazu kommen viele Unternehmen und Vereine, die das Miteinander fördern.

Was hat Sie besonders gefreut in ihrer Amtszeit?

Courage Da gab es viele schöne Begegnungen und Kooperationen. Ein bisschen stolz war ich, dass ich Mitglied in der Prinzengarde Blau-Weiss werden durfte.

Was war weniger schön?

Courage Am Anfang war es schwierig, den Menschen zu erklären, warum Großbritannien die Europäische Union verlässt. Was machen die Briten bloß, wurde ich immer wieder gefragt. Als Vertreter meines Landes habe ich um Verständnis für diesen Schritt geworben – trotz aller Kritik. Und ich habe mich gefreut, als mir jemand gesagt hat: Herr Courage, jetzt habe ich die Position Ihres Landes verstanden.

Die Beziehungen sind eng, aber auch schwierig. Für viele NRW-Unternehmen wird der Handel mit Großbritannien zum Hindernislauf.

Courage Jetzt übertreiben Sie aber ein bisschen. Ja, es gibt einige Probleme. Aber unsere wirtschaftlichen Beziehungen sind weiterhin sehr eng und vertrauensvoll. Davon profitieren beide Seiten. Mit dem Windsor-Rahmenabkommen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich, der jetzt im Parlament verhandelt wird, gehören die ökonomischen Spannungen hoffentlich der Vergangenheit an. Ich bin da sehr zuversichtlich.

Während Ihrer Amtszeit gab es drei Wechsel im Amt des britischen Premierministers, in Deutschland nur einen im Kanzleramt. Ist die deutsche Politik etwas langweilig?

Courage (lacht) Nein, die Politik ist in beiden Ländern sehr spannend. Im Ernst: Wir haben riesige Herausforderungen zu meistern – vor allem durch den Ukraine-Krieg und die Energiekrise. Und da müssen unsere Länder eng zusammenarbeiten.

Machen Sie sich manchmal Sorgen um die politische Stabilität in Ihrem Land?

Courage In Großbritannien gehört der leidenschaftliche Streit zur politischen Kultur des Landes. Da mache ich mir keine Sorgen. Wir sind eine der ältesten Demokratien der Welt. Und die hält einiges aus.

Für die jungen Leute: Was zeichnet einen Diplomaten aus und können Sie diesen Beruf empfehlen?

Courage Es ist ein ausgesprochen schöner Beruf, den ich gerne ausübe und auch sehr empfehlen kann. Ein Diplomat muss offen, flexibel und neugierig sein. Und er muss sich ganz in den Dienst seines Landes stellen.

Sie verlassen Deutschland am gleichen Tag, an dem König Charles seinen Besuch hier beendet …

Courage … was ich als würdigen Abschluss empfinde. Ein Staatsbesuch des britischen Königshauses ist stets ein besonderes Ereignis. Und der neue König hat ein ausgezeichnetes Verhältnis zu Deutschland.

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