Geldpolitik in Europa und Amerika Europas Sparer sind die Leidtragenden

Meinung · Die US-Notenbank bereitet die Finanzmärkte schonend auf Zinserhöhungen vor. Davon kann in Europa nicht die Rede sein. Der schleichende Vermögensverlust für Anleger setzt sich damit fort.

 Die EZB in FRankfurt

Die EZB in FRankfurt

Foto: dpa/Boris Roessler

Die US-amerikanische Notenbank Fed und ihr Präsident Jerome Powell lassen sich nicht aus der Ruhe bringen, und das ist auch gut so. So sanft wie möglich versucht die Fed, die internationalen Finanzmärkte auf eine nachhaltige Veränderung ihrer Geldpolitik einzustimmen. Sie hat jetzt angekündigt, die Anleihenkäufe zurückzufahren, und für das kommende Jahr stehen womöglich zwei Zinserhöhungen ins Haus.

Das ist Politik von langer Hand, die den Vorteil hat, dass die Finanzmärkte nicht kurzfristig erschüttert werden. Die moderate Reaktion der amerikanischen Börse nach der Ankündigung ist ein sichtbares Zeichen dafür, dass die Rechnung aufgeht. Gleichzeitig lässt die Fed keinen Zweifel daran, dass sie bei den Zinsen in absehbarer Zeit handeln wird – ein Jahr früher als erwartet. Das schafft wohltuende Verlässlichkeit.

Daran ist in Europa gegenwärtig nicht zu denken. Die Europäische Zentralbank (EZB) beharrt beim Leitzins auf ihrer Position, die Konjunktur sei nicht stabil genug, als dass man etwas ändern könnte, und sie sieht die hohe Inflation nur als vorübergehendes Phänomen, das keiner Zinssteigerung bedarf. In Wirklichkeit wird die Politik der EZB von der Sorge um ein Auseinanderbrechen der Währungsunion regiert. Würde sie die Zinsen anheben, könnte an den Kapitalmärkten schnell das Vertrauen in die hochverschuldeten Länder im Süden Europas sinken. Was dann drohte, wäre Geldpolitik mit der Notenpresse. Andernfalls müssten einige vermutlich die Union verlassen. Die Abhängigkeit der verschuldeten Euro-Länder von billigem Zentralbankgeld ist mit dem Ausbruch der Corona-Krise nur noch stärker geworden. Leidtragende sind Europas Sparer, für die ein Ende ihres realen Vermögensverlustes derzeit nicht in Sicht ist, während Schuldner sich die Hände reiben. Düstere Aussichten.

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