Tote Hosen Konzerte in Düsseldorf Nicht jeder kann einmalige Momente miterleben – das macht sie so wertvoll
Meinung | Düsseldorf · Zwei Konzerte spielten die Toten Hosen in ihrer Heimatstadt Düsseldorf, doch nur eins davon bot Gastauftritte der besonderen Art. Fans zeigten sich davon enttäuscht und kritisieren die Band. Zu Recht?

So war das Konzert der Toten Hosen in der Merkur-Spiel-Arena in Düsseldorf
Wer denselben Preis wie andere für ein Produkt bezahlt, erwartet vergleichbare Qualität. Das gilt beim Bäcker um die Ecke ebenso wie beim Autohändler und in der Konzertbranche. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass am Wochenende Fans der Toten Hosen die Kommentarspalten der Sozialen Medien mit unzufriedenen Nachrichten füllten. Sie hatten für ein Konzert der Band im Düsseldorfer Stadion bezahlt, das zwar gut, aber nicht außergewöhnlich war.
Am Samstag, nur einen Tag später, erlebten die Besucher vor derselben Bühne dagegen einen denkwürdigen Moment der deutschen Musikgeschichte: Während der Show betraten unerwartet die Ärzte mit ihren Instrumenten die Bühne, zwei der bekanntesten Bands der Bundesrepublik spielten Schulter an Schulter. Ein Auftritt mit Seltenheitswert, denn die Beziehung der Punk-Formationen war lange Zeit von Rivalität geprägt. Zum 40. Jubiläum der Düsseldorfer Band und zum 60. Geburtstag von deren Sänger Campino ließen es sich die Ärzte trotzdem nicht nehmen, persönlich zu gratulieren. Auch der Rostocker Rapper Marteria trat im Laufe des Abends überraschend ins Rampenlicht.
Im Netz überhäuften sich die Zuschauer begeistert mit Superlativen, sprachen von einem „unvergesslichen“ und „legendären“ Abend. Wer einen Tag früher beim ersten Konzert in Düsseldorf mit dabei war, schaute dagegen in die Röhre. Hier standen weder die Ärzte noch Marteria auf der Bühne. Im Gegensatz zur feurigen Überraschungsparty am Samstag habe man tags zuvor nur ein laues Aufwärmkonzert gesehen, so der Eindruck einiger Zuschauer. Ein auf den ersten Blick nachvollziehbarer Gedanke. Den Toten Hosen wegen des unterschiedlichen Programms bei ihren Heimspielen in Düsseldorf einen Vorwurf zu machen und von Ungleichbehandlung zu sprechen, ist trotzdem falsch.
Schon aus logistischen Gründen wäre es gar nicht möglich gewesen, die Ärzte zweimal in Düsseldorf mitspielen zu lassen. Die Band tourt aktuell selbst und hatte am Freitag einen Auftritt in Heilbronn.
Einen gleichwertigen Ersatz für die Berliner Punkrocker zu finden, ist aus historischer Sicht zudem quasi unmöglich. Als langjährige Wegbegleiter sind die Ärzte ein fleischgewordenes Sinnbild für die lange Geschichte der Toten Hosen: Beide Bands wurden 1982 gegründet, verhalfen auf ihre Weise dem Punkrock in Deutschland zur Popularität und bleiben bis heute feste Größen in der Musikwelt. Alleine das macht die Ärzte zu unverzichtbaren Gästen bei der Gestaltung eines besonderen Jubiläumskonzerts. Und genau das wollten die Toten Hosen ihren Fans und sich selbst zweifelsohne an diesem Samstagabend schenken.
Es ging ihnen darum ein einmaliges Erlebnis zum Geburtstag der Band und ihres Sängers zu schaffen. Ein künstlerisches Denkmal, dessen Wert eben auch darin besteht, dass es nicht einfach bei jedem anderen Auftritt auf der Tour wiederholt wird. Dass Unerwartetes passierte und nur die Menschen live daran teilhaben konnten, die sich zufällig eine Karte für das Konzert am Samstag geholt haben. Das macht einmalige Momente so gemein und gleichzeitig großartig: Nur wer im richtigen Moment am richtigen Ort ist, kann an ihnen teilhaben. Alle anderen haben leider Pech gehabt. Fair ist das sicher nicht, aber es macht den Reiz dieser flüchtigen und überraschenden Augenblicke aus. Künstler versuchen immer, einen Eindruck zu hinterlassen. So entstehen Ideen und Kreationen, über die Menschen reden, selbst wenn sie nicht dabei waren. Es fallen dann Sätze wie „Ich wünschte, das hätte ich miterlebt“. Und es keimt die Hoffnung auf, vielleicht Vergleichbares zu sehen und zu hören, wenn die nächste Konzertkarte gekauft wird.
Das sich die Toten Hosen zu ihrem Jubiläum eine einmalige Show ausgedacht haben, die eben genau diese Wirkung entfaltet, kann ihnen wohl niemand verdenken.