Spielortwechsel und Bürokratie für den Dudelsack Droht Straßenkünstlern bald die Qualitätskontrolle?
Düsseldorf · An der Düsseldorfer Rheinpromenade, in der Leverkusener City oder am Kölner Wallrafplatz: Überall sind viele Menschen unterwegs. Nach der Pandemie ist vor der Pandemie. Und damit sind auch die Straßenmusiker zurück – genauso wie so manche Diskussion darüber, wie gut sie spielen.
Die deutschen Innenstädte sind nach zweieinhalb Jahren Corona wieder so gut gefüllt wie vor der Pandemie. Ob an der Düsseldorfer Rheinpromenade oder am Kölner Wallrafplatz, überall tummeln sich die Besucherinnen und Besucher. Und mit den Passanten sind auch die Straßenmusiker zurück.
Und damit auch manch hitzige Diskussionen über die Qualität der Vortragenden. Sie waren über Corona eingeschlafen. Die Lockdowns und Kontaktbeschränkungen hatten für Ruhe in den sonst so belebten Altstädten gesorgt. Kaum ist die Musik zurück, häufen sich aber die Klagen von Anwohnern und Gewerbetreibenden.
Die Stadtordnungen geben normalerweise klare Regelwerke für die Straßenkünstlerinnen und -künstler vor. Trotzdem nehmen die Beschwerden zu. Und es werden sogar Forderungen nach einer Qualitätskontrolle laut.
Nach dem Regelkatalog dürfen Gruppen und Einzelpersonen in Düsseldorf und Köln nur in den ersten 30 Minuten jeder vollen Stunde musizieren und vorführen. Außerdem gilt seit einigen Jahren die Vorgabe, nach einer halben Stunde den Standort wechseln zu müssen. In Leverkusen ist ein Wechsel sogar schon nach 20 Minuten verpflichtend. Der neue Spielort muss so gewählt werden, dass die Musik am alten nicht mehr hörbar ist. Außerdem sind in Düsseldorf besonders laute Instrumente verboten - darunter Trommeln, Dudelsackpfeifen und verschiedene Blasinstrumente. Auch elektronische Verstärker und Tonwiedergabegeräte sind in NRW vielerorts nicht erlaubt. In Bochum bedarf es sogar einer Genehmigung für Straßenmusiker, die für fünf Tage 25 Euro kosten soll. Die engen Vorgaben rechtfertigen die Städte mit dem rapiden Anstieg der Anwohnerbeschwerden. Die Kritik zielt allerdings nicht nur auf die Lautstärke ab, sondern bemängelt oft auch die Qualität der Straßenkunst.
Der grüne Bezirksbürgermeister der Kölner Innenstadt, Andreas Hupke hatte die Debatte um einen „Musik TÜV“ schon vor Jahren angestoßen. Auch die Bürgerinitiative „Straßenmusik aber richtig“ macht sich für Qualitätskontrollen der Darbietungen stark. Klar ist, es gehe nicht darum, die Musik in der Innenstadt abzuschaffen, sondern die „knallhart organisierte Bettelmusik“ zu unterbinden, so Hupke. Wie genau diese Prüfung allerdings aussehen könnte, kann niemand so recht beantworten. Eine Umsetzung der Qualitätschecks könnte schwierig werden. Fraglich ist, wie entschieden wird, welche Musik hörenswert ist und welche nicht. Die Idee, jeder Straßenmusiker müsse erst vorspielen, um eine Erlaubnis zu erhalten, scheint nicht umsetzbar und sollte es auch nicht. Auch wenn die Musik auf der Straße in ihrer Qualität variiert und nicht immer den richtigen Ton trifft, ist die Forderung nach einem Musik-TÜV überzogen. Wer auf der Straße nicht mehr spielen darf, wird vom „Bettelmusiker“ zum „Bettler“ und unterliegt deutlich weniger Regulierungen. Wie eine sinnvolle Lösung klingt das nicht. Besser sind Regeln, die sich an die Bedürfnisse der Straßenmusiker richten. Hilfreich wären allgemein zugängliche Informationen für Künstler, die auf mögliche Auftrittsorte auch außerhalb der Innenstädte hinweisen, am besten mehrsprachig. Ein neuer Umgang mit der Kultur auf der Straße muss her. Unterstützende Strukturen für die Künstlerinnen helfen mehr als Verbote.
Und letztlich entscheidet das Publikum: Wer gute Musik macht, zieht Zuhörer an und verdient mehr. Wer die gegenteilige Erfahrung macht, wird sich auf Dauer genau überlegen, täglich in die Fußgängerzone zu ziehen.