Hilfe für die Generation Corona „Es geht um die Zukunft der Jugend“

Meinung | Düsseldorf · Die Pandemie trifft junge Menschen besonders hart. Deshalb müssen wir darauf achten, dass die europäischen und nationalen Hilfsprogramme vor allem dieser Generation zugutekommen.

 Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums tragen Mundschutz, während sie in Hygieneregeln eingewiesen werden. (Symbolfoto)

Schülerinnen und Schüler eines Gymnasiums tragen Mundschutz, während sie in Hygieneregeln eingewiesen werden. (Symbolfoto)

Foto: dpa/Arne Dedert

Die Jugend verkörpert unsere Hoffnung auf eine bessere Zukunft. Deswegen müssen wir uns dringend mit dem Schicksal dieser Generation beschäftigen, die besonders stark von den Folgen der Corona-Krise betroffen ist. Viele junge Menschen werden nicht nur wirtschaftlich hart getroffen, sie leiden häufig auch unter Vereinsamung sowie unter schulischen, emotionalen und psychologischen Problemen. Im Oktober warnte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dass in Europa aufgrund der Pandemie eine ganze Generation Gefahr laufe, auf der Strecke zu bleiben.

Für Millionen junger Absolventen und Berufseinsteiger hat die Krise die Türen zum Arbeitsmarkt zugeschlagen. Das Armutsrisiko in der Altersgruppe der 15- bis 29-Jährigen liegt um vier Prozentpunkte über dem Durchschnitt der Bevölkerung, die Schulabbrecherquote liegt bei zehn Prozent. Junge Menschen, denen es dauerhaft nicht gelingt, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, büßen erst ihre Fähigkeiten ein, dann verlieren sie ihre Motivation und am Ende ihren Glauben – an sich selbst und häufig auch an dieses System, das ihnen keine Chance zu geben scheint. So weit dürfen wir es nicht kommen lassen. Wenn es uns ernst ist mit dem Streben nach einem grüneren, gerechteren und innovativeren Europa, müssen wir diesen Teufelskreis durch­brechen.

Angesichts der Pandemie, deren Verlauf und deren Folgen nur schwer abzuschätzen waren, standen die Europäer vor der Wahl, entweder energisch zu handeln oder aber ein Scheitern zu riskieren. Unbestreitbar hat sich die EU für das Handeln entschieden: Seit dem Beginn der Corona-Krise wurde ein ganzes Bündel von Maßnahmen in die Wege geleitet, um die Folgen der Pandemie zu lindern. Dazu zählt zum Beispiel auch die Bereitstellung von 22 Milliarden Euro, die im Kampf gegen die Jugendarbeitslosigkeit eingesetzt werden können.

Herzstück der EU-Reaktion auf die Pandemie ist jedoch der europäische Wiederaufbauplan im Umfang von 750 Milliarden Euro („Next Generation EU“). Er stellt zwar noch nicht einen „Hamilton-Moment“ Europas dar, also den Gründungsakt einer echten Föderation, wie ihn die Vereinigten Staaten von Amerika Ende des 18. Jahrhunderts vollzogen. Doch es gibt keinen Zweifel, dass dieses Hilfs­paket für die Entschlossenheit der EU steht, auf den gewaltigen Schock der Corona-Krise gemeinsam eine nachhaltige Antwort zu geben.

Diese Antwort war sehnlich erwartet worden, nicht nur von den durch die Krise am schlimmsten heimgesuchten Ländern, sondern auch von europäischen Bürgern, die schon seit Langem auf ein kraftvolles Lebenszeichen Europas gewartet hatten. Denn es geht ja bei diesem Wiederaufbauplan bei Weitem nicht nur um die Behebung der durch die Pandemie verursachten Schäden, sondern darüber hinaus auch um die Finanzierung von Investitionen in die Zukunft. Die Europäische Union nutzt diesen Umbruch als Gelegenheit, um mehr Integration zu verwirklichen und neue, ehrgeizige Ziele zu verfolgen. Umfangreiche Mittel werden für nachhaltige Entwicklung, Bildung, Forschung sowie digitale Projekte bereitgestellt, die den Übergang in die Wirtschaft von morgen ebnen sollen, was insbesondere kommenden Generationen zugute­kommen wird.

Wir glauben allerdings, dass die Einhaltung der von der EU in diesem Zusammenhang gemachten Zusagen kontrolliert werden muss. Es geht dabei darum, die Verantwortlichkeit der Staats- und Regierungschefs deutlich zu machen, Transparenz zu schaffen, um auf diese Weise das Vertrauen der Bürger in die Politik zu stärken. Als Präsidenten des Europäischen Rechnungshofs und des französischen Rechnungshofs verfolgen wir ein klares Ziel: Unsere Institutionen werden die ordnungsgemäße Verwendung öffentlicher Mittel überwachen und damit dazu beitragen, dass das Geld der europäischen Steuer­zahler zum Nutzen künftiger Generationen korrekt und gleichzeitig so effizient wie möglich investiert wird.

Rechnungshöfe prüfen und analysieren Vorgänge, die bereits abgeschlossen sind; ihre Rolle ist es, kritisch in den Rückspiegel zu schauen. So schaffen sie Transparenz über die Verwendung öffentlicher Mittel. Aber ihre Arbeit als unabhängige Institutionen dient auch dazu, vor möglichen Risiken zu warnen und Ratschläge zu formulieren. Dabei zu helfen, aus Fehlern in der Vergangenheit zu lernen, um es künftig besser zu machen. Und es besteht kein Zweifel daran, dass die Erfahrung mit dieser Pandemie uns gerade mit Blick auf die Widerstandsfähigkeit unserer Wirtschaft und unserer Sozialsysteme wertvolle Rückschlüsse erlauben wird.

Wir haben die Arbeit unserer Rechnungshöfe längst auf die neue Herausforderung ausgerichtet und widmen seit Monaten einen großen Teil unserer Kapazitäten der Prüfung von Maßnahmen im Zusammenhang mit der Pandemie. Diese Kontrolle darf kein bürokratischer Selbstzweck sein; im Kampf gegen die Pandemie und ihre Folgen ist es wichtig, dass staatliche Hilfen schnell und unkompliziert fließen können. Trotzdem muss gerade in Krisenzeiten über die korrekte Verwendung der Mittel Rechen­schaft abgelegt werden, wenn Regierungen und Parlamente Ausgaben beschließen, die sich über eine rasant steigende Staatsverschuldung finanziell auf künftige Generationen massiv auswirken werden.

Die Zukunft unserer Jugend darf durch die Folgen der Pandemie nicht belastet werden. Wir müssen diese historische Krise vielmehr zu einem Aufbruch nutzen. Als eine Gelegenheit, Europa mithilfe der jungen Menschen widerstandsfähiger zu machen, es zu modernisieren. Es ist eine einzigartige Gelegenheit.

Die Autoren dieses Gastbeitrages sind Klaus-Heiner Lehne, Präsident des Europäischen Rechnungshofs und Pierre Moscovici, Erster Präsident des Französischen Rechnungshofs.

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