Höchste deutsche Auszeichnung für Angela Merkel Ist Merkel besser als Schmidt und Brandt?

Meinung · Bisher nur an zwei Männer – Adenauer und Kohl – wurde der höchste deutsche Verdienstorden verliehen. Jetzt geht er auch an Angela Merkel. Zu Recht. Aber warum nur an diese drei?

Die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) stand 16 Jahre an der Spitze der Bundesregierung. Hier besucht sie eine Veranstaltung zu ihren Ehren im Berliner Ensemble.

Foto: dpa/Fabian Sommer

Mehr geht nicht: Die ausgeschiedene Bundeskanzlerin Angela Merkel erhält voraussichtlich den höchsten Verdienstorden, den die Bundesrepublik zu vergeben hat. Noch ist es nicht offiziell, aber alles deutet darauf hin. Merkel darf sich künftig mit dem Großkreuz in besonderer Ausführung, der höchsten Form des Bundesverdienstkreuzes, schmücken. Nur zwei Menschen erhielten vor ihr diese Auszeichnung: die beiden Kanzler Konrad Adenauer (1954) und Helmut Kohl (1998). Beide sind bereits verstorben. Merkel wird also die einzige Trägerin des Ordens sein – Männer eingeschlossen.

Keine Frage: Merkel hat sich trotz einer gewissen Eintrübung ihrer Bilanz eine Ausnahmestellung unter den Regierungschefs Deutschlands erworben, ja auch unter den Bürgerinnen und Bürgern dieses Landes. 16 Jahre lang hat sie der Bundesrepublik als Kanzlerin gedient, war fast durchgängig zwölf bis 16 Stunden am Tag in Dienst, die vielen durchverhandelten Nächte nicht mitgerechnet, verharrte fast jeden Tag der Woche bei gerade einmal zwei bis drei Wochen Ferien auf ihrem Posten. Zuvor war sie Oppositionsführerin, CDU-Generalsekretärin, Umwelt- und Frauenministerin. In ähnlicher Beanspruchung. Gejammert darüber hat sie anders als andere Spitzenpolitiker (vornehmlich Männer) so gut wie nie.

Ihr unermüdlicher Einsatz trug auch Früchte: Sie schob wesentliche Sozialreformen an wie ein höheres Renteneintrittsalter, bewältigte die Finanz- und Schuldenkrise, zeigte ein großes Herz gegenüber den vielen Geflüchteten und führte das Land durch die gefährlichste gesundheitliche Herausforderung seit 100 Jahren, die Corona-Pandemie. Merkel hat den Orden wirklich verdient – wie die beiden Vorgänger Kohl und Adenauer auch. Und wenn man Kanzlern und anderen Spitzenpolitikern, die eigentlich geschworen haben, dass sie ihre Kraft dem „Wohl des deutschen Volkes widmen, seinen Nutzen mehren und Schaden von ihm wenden werden“, überhaupt diesen Orden verleihen will, dann ist sie ein würdige Empfängerin.

Fotos von Angela Merkel – herausragende Momente einer Kanzlerin
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Angela Merkel – herausragende Momente einer Kanzlerin

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Foto: dpa/Peter Kneffel

So ganz will aber dazu nicht passen, dass nur drei Menschen dieser Orden zugesprochen wird. Was ist mit den vielen anderen, die unter Einsatz ihres Lebens Menschen gerettet haben, Erfindungen und Forschungen getätigt, die Millionen das Leben erleichtern oder Kunstwerke erschaffen haben, über die Generationen noch staunen. Und es stellt sich auch die Frage, warum die beiden SPD-Kanzler Willy Brandt und Helmut Schmidt nur mit dem zweithöchsten Orden bedacht wurden. Doch nicht etwa, weil sie „nur“ Sozialdemokraten waren. Sie stehen in ihrer historischen Leistung Merkel sicher nicht nach, manche meinen gar, Adenauer, Brandt und Kohl allein gehörten in die erste Reihe der deutschen Nachkriegskanzler. Aber das sollte man den Historikern überlassen.

Es ist richtig, dass es Abstufungen bei den Verdienstorden der Bundesrepublik gibt. Weniger gut ist es, dass schon allein Positionen und Ämter ausreichen, um die Inhaber und Inhaberinnen auszuzeichnen (was für Merkel und die anderen Regierungschefs definitiv nicht zutrifft). Verdienstorden müssen sich – wie der Name schon sagt – wirklich verdient werden. Auch in unterschiedlichem Ausmaß. Das erfordert manchmal harte Entscheidungen und kein Gemauschel nach dem Motto: Ich zeichne deinen Parteigänger aus, wenn du meinen auszeichnest.

So lief der große Zapfenstreich für Angela Merkel
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Foto: dpa/Odd Andersen

Der allerhöchste Orden aber sollte schnell demokratisiert werden. Dass nur drei Kanzler ihn bekommen, sei ihnen gegönnt. Aber so außergewöhnlich waren alle drei nicht, dass nicht noch andere Menschen, die ihr Leben vollständig und erfolgreich in den Dienst einer guten Sache gestellt haben, außen vor bleiben.