Menschenrechtsorganisation stellt Jahresbericht vor Amnesty: Menschenrechte immer häufiger verletzt

Berlin (rpo). Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat ihren Jahresbericht vorgestellt. Demnach ist der Schutz der Menschenrechte in immer weniger Ländern gewährleistet.

Im vergangenen Jahr seien in 152 Staaten Menschenrechtsverletzungen belegt worden, berichtete die Menschenrechtsorganisation am Dienstag in Berlin bei der Vorstellung ihres Jahresberichtes. Im Jahr 2000 seien es 149 Staaten gewesen. "Die Lage der Menschenrechte auf der Welt ist weiter ernst", sagte die Generalsekretärin der deutschen Sektion von Amnesty International, Barbara Lochbihler.

Bei der Bekämpfung des Terrorismus nach den Anschlägen vom 11. September in den USA sei es zu einer Aufweichung von Menschenrechtsstandards gekommen, bemängelte Lochbihler: "Politiker und auch Wissenschaftler denken zum Teil offen darüber nach, in bestimmten Fällen Folter zuzulassen, oder die Gefahr von Folter als Abschiebehindernis zu relativieren." Lochbihler kritisierte vor allem die USA. Mehr als 1200 Menschen seien bei der Suche nach Attentätern verhaftet und interniert worden. Dabei sei es auch zu Misshandlungen gekommen. Auch die Haftbedingungen gefangener Taliban- und El-Kaida- Kämpfer verstoßen laut Amnesty gegen internationale Rechtsstandards. "Auch ein so genannter Terrorist verliert seine Menschenrechte nicht", sagte Lochbihler.

Laut Amnesty International sind für das vergangene Jahr Hinrichtungen ohne Gerichtsverfahren in 47 Ländern belegt. Die Todesstrafe sei in 31 Ländern vollstreckt wurden. In 111 Staaten sei es zu staatlicher Folter und Misshandlung gekommen. In mindestens 56 Ländern befänden sich gewaltlose politische Gefangene in Haft. Lochbihler betonte, dies seien nur die belegten Fälle. "Das tatsächliche Ausmaß an Menschenrechtsverletzungen liegt beträchtlich darüber."

Auch in Deutschland ist es im vergangenen Jahr nach Darstellung von Amnesty International zu Menschenrechtsverletzungen gekommen. Dazu zählten ein Fall von Misshandlung durch die Polizei im nordrhein-westfälischen St. Augustin im Dezember sowie die tödlichen Schüsse auf einen geistig Behinderten in Ulm im September. Im Jahresbericht taucht außerdem der Fall eines 19-Jährigen Asylbewerbers aus Kamerun auf, der im Dezember in Hamburg starb, nachdem ihm gewaltsam ein Brechmittel verabreicht worden war.

Lochbihler kritisierte außerdem den in vier Bundesländern getesteten Einsatz von Elektroschockwaffen durch Polizisten. Der Tod des in Köln mutmaßlich von Beamten misshandelten 31-Jährigen zeige, dass bei der Ausbildung von Polizisten die Menschenrechte eine stärkere Rolle spielen müssten.

Die Menschenrechtspolitik der Bundesregierung bewertete Lochbihler zwiespältig. Ob und wie diese Menschenrechtsverletzungen anspreche, hänge vom jeweiligen Staat ab, sagte sie. So würden China und Russland nur sehr vorsichtig kritisiert, auch weil die wirtschaftlichen Interessen Deutschlands in diesen Ländern sehr groß seien. Positiv bewertete Lochbihler dagegen, dass es seit Ende 1998 einen Menschenrechtsbeauftragten im Auswärtigen Amt gebe. Anliegen von Amnesty International würden durchaus vom Außenministerium aufgenommen.

Besorgniserregend ist nach Darstellung Lochbihlers vor allem die Situation der Menschenrechte in Kolumbien, in vielen Staaten Afrikas, in Afghanistan, in Tschetschenien sowie in Israel und den Palästinensergebieten. Über den Einsatz internationaler Menschenrechtsbeobachter müssten die Rechte von Palästinensern und Israelis geschützt werden, forderte Lochbihler. Tausende Palästinenser würden von Israel "unter entwürdigenden Bedingungen" inhaftiert. Es gebe aber auch keine Rechtfertigung für die Selbstmordanschläge der Palästinenser, sagte Lochbihler.

(RPO Archiv)
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