Amerikas Wunden

Es stimmt, mit der Wahl Barack Obamas hat Amerika einen Meilenschritt getan. Der erste US-Präsident mit dunkler Haut, natürlich ist er ein historisches Symbol. Und es stimmt wohl auch, dass es schwarzen Amerikanern leichter fällt, in der Politik Karriere zu machen, als etwa Deutschen mit türkischen Wurzeln. Und doch: Trayvon Martin, der von einem Hobbypolizisten in Florida erschossene Teenager, ist gestorben, weil die alte Farbenlehre nach wie vor in vielen Köpfen herumspukt. Als junger Schwarzer mit Kapuzenpulli geriet er überhaupt erst ins Visier, wie im Reflex wurde er in eine Denkschublade sortiert. Und wäre es umgekehrt gewesen, hätte ein Afroamerikaner den tödlichen Schuss abgefeuert, er wäre sicher verhaftet worden, anders als der Wachmann, den die Polizei laufenließ.

Gewiss, noch ist nicht aufgeklärt, was genau sich in Florida zugetragen hat. Aber der Fall rührt an alte Wunden. Er scheint zu bestätigen, was schwarze Amerikaner noch immer allzu oft im Alltag erleben. Eine latente, meist subtile Diskriminierung. Der ganze Frust darüber, er bündelt sich in der Tragödie um Trayvon Martin. Der Tod des Teenagers wirkt wie der sprichwörtliche Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt – auch in der Ära Obama.

Bericht: Tod eines Teenagers . . ., Seite A 6

(RP)
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