Persönlich Alexis Tsipras ... gibt sich pro-europäisch

Als Enfant terrible der griechischen Innenpolitik hat der Linkspopulist Alexis Tsipras (40) erst einmal ausgedient. Der Führer des größten Oppositionsbündnisses Syriza, der die Euro-Staaten regelmäßig mit der Aufkündigung aller Verträge geschockt hat, entdeckt derzeit die politische Vernunft. Der gelernte Bauingenieur sucht schon seit einiger Zeit den Kontakt zu wichtigen Personen in den Regierungen von Deutschland und Frankreich sowie der Europäischen Zentralbank. Offenbar mit einigem Erfolg, weil sich in Berlin, Paris und Frankfurt inzwischen herumgesprochen hat, dass Tsipras beste Chancen hat, die vorgezogenen griechischen Parlamentswahlen am 25. Januar zu gewinnen.

Laut "Süddeutscher Zeitung" ist sein Kontaktmann in der Bundesregierung der derzeitige Arbeitsstaatssekretär Jörg Asmussen. Der SPD-Finanzexperte ist als früherer Vertrauter von Bundesfinanzminister Peer Steinbrück bestens in Europa vernetzt. Bestätigen will Asmussen die Kontakte nicht, die Bundesregierung spricht davon, dass der Staatssekretär von Arbeitsministerin Andrea Nahles kein "offizielles Mandat" habe.

Tsipras hingegen gibt sich auf seiner Charme-Tour eher kompromissbereit. Im "Handelsblatt" plädierte er für einen ausgeglichenen Haushalt und den Verzicht auf zusätzliche Ausgabenprogramme. Dafür müsse ein Schuldenschnitt her, wie er etwa auch von den fünf Wirtschaftsweisen diskutiert wird. Auch die Rufe nach einer einseitigen Aufkündigung der Spar- und Kreditvereinbarungen werden merklich leiser.

Ob er nur Kreide gefressen hat oder wirklich auf Kompromisskurs geht, dürfte sich erst nach einem Wahlsieg des Links-Politikers zeigen. Noch steht er bei seinen Wählern im Wort, die Kündigungen im Staatsdienst rückgängig zu machen sowie Rentner, Arbeitslose und Sozialversicherte mit Milliardengeschenken zu beglücken. Es könnte zur Zerreißprobe werden für den möglichen Regierungschef.

Martin Kessler

(RP)
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