Weg an türkische Regierungsspitze frei AKP-Chef Erdogan gewinnt Nachwahl

Ankara (rpo). Der Weg an die politische Spitze in der Türkei ist frei: Der Vorsitzende der Regierungspartei AKP, Recep Tayyip Erdogan, ist am Sonntag zum Abgeordneten gewählt worden und kann damit Ministerpräsident werden.

Bei der Nachwahl in der südosttürkischen Provinz Siirt kam Erdogans Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) nach dem vorläufigen Ergebnis auf 84,7 Prozent der Stimmen und holte damit alle drei Mandate. Die Wahlbeteiligung lag bei 62 Prozent. Knapp 120.000 Wähler waren zur Stimmabgabe aufgerufen. In der Türkei zeichnet sich damit vor dem Hintergrund eines drohenden Krieges im Nachbarland Irak eine Neubildung der Regierung ab.

Erdogan hatte seine im August 2001 gegründete Gerechtigkeits- und Entwicklungspartei (AKP) bei der Parlamentswahl vor vier Monaten an die Macht geführt. Wegen einer Vorstrafe wegen Volksverhetzung hatte er damals selbst nicht kandidieren dürfen. Mit Verfassungs- und Gesetzesänderungen hatte die AKP-Regierung ihrem Vorsitzenden den Weg in öffentliche Ämter geebnet. Beobachter rechnen damit, dass Ministerpräsident Abdullah Gül noch in dieser Woche seinen Rücktritt einreicht und Erdogan dann eine neue Regierung bildet.

Erneute Abstimmung über US-Aufmarsch wahrscheinlich

Das dringlichste Problem, das sich Erdogan stellt, ist die Frage der Stationierung von US-Truppen für eine Nordfront gegen den Irak. Nachdem das türkische Parlament vor acht Tagen dem bereits vom Kabinett gebilligten US-Aufmarsch seine Zustimmung verweigert hatte, wird angenommen, dass sich Erdogan für eine erneute Abstimmung im Parlament einsetzen wird. Nach türkischen Medienberichten dürfte er eine Regierungsumbildung dazu nutzen, Kabinettsmitglieder, die sich gegen die US-Stationierung gewandt hatten, zu ersetzen.

Die türkische Militärführung hatte sich in der vergangenen Woche nachdrücklich für eine Unterstützung der USA eingesetzt, um die bei einem Krieg zu befürchtenden ökonomischen Verluste zu begrenzen und die nationalen Interessen im Nordirak durchzusetzen. Die Türkei will vor allem die Schaffung eines Kurdenstaates an seiner Südostgrenze verhindern. Die USA haben der Türkei bei einer Stationierung milliarden-schwere Finanzhilfen für ihre zerrüttete Wirtschaft in Aussicht gestellt.

An der Wahl in Siirt nahmen neben der AKP nur noch die oppositionellen Sozialdemokraten (knapp 14 Prozent) und zwei linke Splitterparteien teil. Die pro-kurdische HADEP, die bei der Parlamentswahl vor vier Monaten die meisten Stimmen erhalten hatte, trat nicht an. Sie war im November landesweit an der Zehn-Prozent- Hürde gescheitert.

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