Airport Köln lud Paketbombe um

Eines der an jüdische Organisationen in den USA adressierten Sprengstoffpakete wurde am Flughafen Köln-Bonn umgeladen – offenbar ohne Kontrollen. Bisher sind Sicherheitschecks nur am Abflugort vorgesehen. Innenminister Thomas de Maizière will den Flughafen besuchen.

Berlin/Köln Der Airport Köln-Bonn ist der zweitgrößte Frachtflughafen Deutschlands. Jährlich werden dort 600 000 Tonnen Pakete umgeschlagen. Am Donnerstagabend war offenbar ein explosives darunter.

Nach Informationen aus Regierungskreisen hatte ein Frachtflugzeug der US-Paketfirma UPS mit der Flugroute Jemen, Dubai, England und Ziel USA am Donnerstag Station in Köln gemacht. Dort unterhält UPS sein europäisches Verladezentrum. Um 22.48 Uhr landete der Jet. Im Frachtraum lag ein Paket, das mit dem hochexplosiven Industriesprengstoff PETN versehen war, versteckt in einer Druckerpatrone eines Druckers.

Erst auf dem englischen Flughafen East Midlands stellten Behörden das Paket sicher und entschärften die Bombe. Experten zufolge hätte die Zündung des Sprengstoffs, die über einen Handy-Anruf erfolgen sollte, ausgereicht, um die Maschine über den Wolken zum Absturz zu bringen. Adressiert war das Paket an eine jüdische Synagoge in Chicago. Eine weitere Paketbombe wurde in Dubai gefunden.

Das Bundeskriminalamt (BKA) hatte angeblich vor einigen Tagen Warnhinweise des saudischen Geheimdienstes bekommen und daraufhin die Luftfahrtbehörden in Deutschland und in England informiert. Nach Angaben aus dem Innenministerium erreichten die Meldungen den Kölner Flughafen aber erst, als der Flieger wieder in der Luft war. In England wurde die Maschine schließlich gestoppt. Ein Sprecher des Flughafens Köln-Bonn wollte sich gestern auf Anfrage nicht zu den Vorgängen äußern.

Zwar war Deutschland nicht Ziel des geplanten Terroranschlags, doch die Bundesregierung beeilte sich gestern, Tatkraft zu demonstrieren. Auf Anweisung von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) wurde der gesamte Luftfrachtverkehr aus dem Jemen gestoppt. "Wir lassen keinerlei Luftpostpakte und Fracht aus dem Jemen mehr nach Deutschland. Das Luftfahrtbundesamt wird die Fluggesellschaften, Expressdienstleister und andere Transportunternehmen entsprechend anweisen", sagte Ramsauer. Betroffen sind die Paketdienstleister DHL, FedEx und UPS. Das Luftfahrtbundesamt untersteht Ramsauers Ministerium und ist unter anderem für die Zertifizierung der Paketdienstleister und die Kontrollen der Frachtladungen zuständig.

Die deutschen Sicherheitsbehörden sind in erhöhter Alarmbereitschaft. Die Kontrollen an allen Flughäfen, nicht nur an den Luftfracht-Drehkreuzen Leipzig und Köln, sollen verschärft worden sein, heißt es in Sicherheitskreisen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sagte eine geplante Nahost-Reise "aufgrund der aktuellen Ereignisse" ab, teilte ein Sprecher mit. De Maizière räumte ein, dass die Luftfracht "bisher relativ wenig kontrolliert" wurde. "Dies ist ein neuer Vorgang." Der Minister will sich noch heute an einem der beiden großen deutschen Fracht-Flughäfen ein Bild von den Sicherheitsvorkehrungen machen. Mögliche Schwachstellen müsse man ausfindig machen. Dazu gehört wohl auch die Frage, ob künftig Frachtladungen auch an den Umschlagplätzen kontrolliert werden müssen.

Bisher wird europaweit nur an dem Flughafen, an dem die Fracht erstmals in das Flugzeug gelangt, kontrolliert. 2Man muss prüfen, ob zusätzliche Kontrollen an den Frachtdrehkreuzen notwendig sind", sagt Ralph Beisel, Chef des Flughafenverbands ADV. Für die Kontrollen seien aber die Paketdienstleister unter der Aufsicht des Luftfahrtbundesamtes zuständig und nicht die Airports. Auch der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach (CDU), fordert mehr Kontrollen. "Alle möglichen Sicherheitslücken müssen identifiziert werden", sagte er unserer Zeitung. Laut Bosbach ist der Luftverkehr immer wieder "Mittel und Ziel" für terroristische Anschläge. "Daher ist es wichtig, dass die hohen Sicherheitsstandards weltweit gelten."

Eine neue Bedrohungslage sieht Innenminister de Maizière aber nicht. Seit Wochen gebe es Hinweise auf Terrorgefahren, aber keine konkreten Hinweise auf ein Ziel in Deutschland. CDU-Politiker Bosbach verwies darauf, dass die Behörden seit 2009 eine erhöhte Reisetätigkeit von deutschen Islamisten in die afghanischen Grenzgebiete festgestellt haben.

(Rheinische Post)
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