Düsseldorf AfD kopiert "Pegida"

Düsseldorf · Die Alternative für Deutschland will sich künftig stärker auf das Thema Asylrecht konzentrieren und sich als islamkritische Partei positionieren. Der "Pegida"-Bewegung droht indes die Spaltung in Rechtspopulisten und gemäßigte Protestler.

Die Alternative für Deutschland (AfD) rückt zehn Tage vor ihrem Bundesparteitag in Bremen nach rechts. In einem internen Positionspapier des Bundesvorstands, das unserer Zeitung vorliegt, stellt die Partei ihre Positionen in der Ausländer- und Asylpolitik in den Vordergrund. Die Euro-Politik, einst das Gründungsthema der Partei, wird nur in wenigen Sätzen behandelt. Zunächst gehen die Autoren, dazu gehört angeblich auch AfD-Chef Bernd Lucke, auf die aktuelle Debatte über die angebliche Islamisierung Deutschlands ein. "Die AfD ist zunehmend besorgt über den Einfluss und die Gewaltbereitschaft der Islamisten in Deutschland vor dem Hintergrund des Herrschaftsanspruchs des Islam in der Welt", heißt es in dem Papier. Damit kopiert die AfD die Parolen der islamkritischen "Pegida"-Bewegung.

Die AfD wehrt sich außerdem gegen eine "Missachtung" des Rechtssystems durch "Teile der islamischen Gesellschaft". Außerdem fordern die Autoren eine Verschärfung des Asylrechts, um den "explodierenden" Flüchtlingszahlen zu begegnen. Der Kurs des Vorstands ist aber offenbar umstritten. Die Vize-Chefin der AfD in Rheinland-Pfalz hat ihre Parteimitgliedschaft wegen der zunehmenden "Deutschtümelei" in der Partei niedergelegt.

Derweil zeigte die "Pegida"-Bewegung am Mittwochabend in Leipzig ihre gewaltbereite Seite. Bei der Demonstration mit rund 15 000 "Legida"-Anhängern kam es zu Auseinandersetzungen. Mehrere Polizisten wurden durch Böller, Flaschen und Laserpointer verletzt. Auf dem Hauptbahnhof und im Leipziger Citytunnel setzten Unbekannte mehrere Bahnanlagen in Brand.

Ähnlich rasant könnte es nun weitergehen, nur eben in die andere Richtung: Denn nach dem Rücktritt von "Pegida"-Mitbegründer Lutz Bachmann sind bereits die ersten Abgesänge auf "Pegida" zu hören. "Ich bin der Meinung, dass der Zenit überschritten ist und die Bewegung zusammenbrechen muss, wenn sie sich nicht von der Gewalt distanzieren kann", sagte der Bielefelder Konfliktforscher Andreas Zick unserer Zeitung. Auch Leipzigs Oberbürgermeister Burkhard Jung äußerte sich besorgt über die Gewaltbereitschaft der "Legida"-Anhänger: "Die Maske ist gefallen: Das waren doch sehr aggressive und sehr stark dem NPD-nationalen Lager zugeordnete Menschen." Jung denkt nun über Auflagen für die in der kommenden Woche angemeldete Kundgebung nach.

Die Mischung aus Wutbürgern, Konservativen und Ausländerfeinden soll nach Angaben von "Pegida"-Sprecherin Kathrin Oertel aber in die nächste Phase gehen. Am kommenden Montag erwartet die 37-Jährige zur Demonstration in der Dresdner Innenstadt mindestens so viele Teilnehmer wie zwei Wochen zuvor, als der Polizei zufolge mehr als 25 000 Bürger mitmarschierten. Zeitgleich wollen Musiker, Künstler und Bürger der Stadt ein Zeichen setzen. Unter dem Motto "Offen und bunt - Dresden für alle" wird vor der Frauenkirche unter anderem der Sänger Herbert Grönemeyer erwartet.

Seit dem Jahreswechsel geben sich die "Pegida"-Organisatoren betont seriös. Die neuen sechs Kernforderungen klingen teilweise gemäßigt: Die Rede ist etwa von einem Einwanderungsgesetz nach Schweizer Vorbild und mehr Geld für die Polizei. Weil die radikalere "Legida"-Truppe offenbar andere Interessen vertritt, prüfe man gar eine Unterlassungsklage. Man wolle verhindern, dass der Verein in das rechtsextreme Spektrum abgleite, betonte Oertel. Auch deshalb hat sich die "Pegida"-Sprecherin in der Causa Bachmann von ihrem Kollegen distanziert. Nach ausländerfeindlichen Äußerungen in sozialen Netzwerken ermittelt die Staatsanwaltschaft gegen den 41-Jährigen wegen Volksverhetzung.

Als Leitfigur einer Bewegung, die nicht nur am Rand der Gesellschaft Anhänger fischt, hätte Bachmann ohnehin nicht getaugt. Die Liste seiner Vorstrafen und Strafverfahren umfasst im Bundeszentralregister fünf Seiten. Oertels Stunde scheint zu schlagen: Die dreifache Mutter aus Coswig bei Meißen hat sich zum weiblichen Gesicht der "Pegida" entwickelt. Sie wolle aber gar keine Politikerin sein, sieht sich selbst als "eine ganz normale Frau aus dem Volk". Ob ihr das gelingt, bleibt abzuwarten.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort