Abgestürzte US-Piloten mit Jubel begrüßt

Die beiden Besatzungsmitglieder des bei Bengasi außer Kontrolle geratenen Kampfjets wurden nach ihrem Fallschirmabsprung von der Bevölkerung wie Helden empfangen. Die Einheimischen dankten ihnen für den Einsatz gegen den Diktator Gaddafi und wollten sie zum Frühstück einladen.

LABJaR Die beiden dunkelgrauen Heckflossen ragen seltsam deplatziert aus einem großen grünen Feld. Schon von Weitem zu sehen ist das Wrack des amerikanischen F-15-Kampfflugzeugs, das wegen eines technischen Defekts am Montag über Libyen abgestürzt ist. Knapp eine Stunde Autofahrt von der Stadt Bengasi, der Hochburg der Rebellen, entfernt liegen die Trümmer des Jets. Rund 30 Männer und Jungen stehen herum, schauen sich den Haufen abgebrannten Schrotts an und fotografieren sich auf den Resten der Tragflächen.

"Es lebe Amerika, das müssen Sie schreiben", sagen die Männer. "Seid ihr Journalisten aus Amerika? Nein? Trotzdem schreiben Sie es. Die ganze Welt soll wissen, dass uns Amerika vor Gaddafi gerettet hat. "Allahu akbar – Gott ist groß", ruft begeistert ein Junge, der sich als Abdul vorstellt.

Ich versuche, Umstehende zu fragen, ob sie Abduls Meinung teilen. Einer der Jugendlichen spricht passabel Englisch und übersetzt: Ja, sie seien den USA dankbar, auch wenn Amerikaner in der arabischen Welt eigentlich verhasst seien. "Gaddafi ist ein schrecklicher Mörder. Er war schon vor Bengasi, seine Armee hat den Befehl erhalten, uns alle zu töten und unsere Frauen zu vergewaltigen", sagt Muftan (50).

Ähnlich sehen es die anderen. "Ich habe einen von den amerikanischen Piloten gesehen. Ich wollte ihn zu mir nach Hause einladen", sagt Abdul Abruni, ein älterer Mann, dem das Feld mit den Trümmern darauf gehört. Einen Fremden zu sich nach Hause einzuladen, ist in der arabischen Welt das größte Zeichen von Gastfreundschaft. Denn es bedeutet, dass man den Gast schützen möchte. Und dieser Libyer wollte den Piloten von den Soldaten Muammar al Gaddafis schützen, obwohl der Amerikaner mit seinem Flugzeug direkt auf das Feld gestürzt war.

"Wir haben geschlafen. Da wurde es plötzlich taghell. Es krachte gewaltig. Ich lief aus dem Haus und sah Feuer auf dem Feld", berichtet Abrúni. Von den aufgeregten Dorfbewohnern ist nicht genau zu erfahren, was nach dem Absturz genau geschehen ist. Manche sagen, es sei in dem Flugzeugwrack zu weiteren Explosionen gekommen, andere behaupten, weitere Kampfflugzeuge hätten versucht, die F-15 komplett zu zerstören.

Beide Varianten scheinen vorstellbar, wenn man das zerstörte Flugzeug und einen zwei Meter tiefen Krater davor sieht. Sicher ist nur: Es gab kein gemütliches Frühstück für den Piloten auf dem Hof des Bauern Abruni. Denn amerikanische Fallschirmjäger landeten und evakuierten ihren Kameraden schnell. "Sie haben in die Luft geschossen, damit die Leute sich fernhalten", schildert der Nachbar des Bauern. Den Piloten, den sie nach der Landung noch herzlich begrüßt und dem sie gedankt hätten, hätten sie jedenfalls sofort aus den Augen verloren.

"Ich bete für ihn", sagt der Nachbar. Niemand von den Anwesenden hat mitbekommen, dass es bei dieser Aktion Tote oder Verletzte gegeben hat. Trotzdem kursieren solche Behauptungen – möglicherweise Propaganda von Anhängern des Diktators Muammar al Gaddafi.

Sicher ist, dass das zweite Besatzungsmitglied, das sich ebenfalls mit dem Schleudersitz aus der F-15 herauskatapultiert hatte und am Fallschirm landete, nicht weit vom Absturzort entfernt von Rebellen gefunden worden ist. Sie sollen den Amerikaner nach Bengasi gefahren haben, wo ihn ebenfalls Fallschirmjäger abholten. Beide Piloten blieben unverletzt. Sie sollen sehr überrascht gewesen sein, wie freundlich sie die Libyer empfangen haben.

Sie hatten allerdings Glück, dass sie nicht auf dem von den Truppen Gaddafis besetzten Territorium gelandet sind. Diese Zone beginnt in der Nähe von Adschadabija, rund 100 Kilometer vom Absturzort des Kampfflugzeugs entfernt. In einem solchen Fall hätten sie ähnlich enden können wie die ersten abgeschossenen Piloten im Golfkrieg 1991: Der irakische Diktator Saddam Hussein ordnete ihre Folter an, dann zeigte er sie vor Fernsehkameras. Die misshandelten US-Soldaten wurden gezwungen, den Feldzug der Alliierten scharf zu kritisieren und sich zu entschuldigen. Im Fall des Absturzes in Libyen lobte die Regierung in Washington dagegen, wie vorbildlich sich die Rebellen gegenüber den beiden Piloten verhalten hätten.

Unterdessen lehnen 66 Prozent der Bundesbürger eine deutsche Beteiligung an der internationalen Militäraktion ab. Das geht laut "Saarbrücker Zeitung" aus einer Umfrage des Emnid-Instituts im Auftrag der Bundesregierung hervor. Nur 30 Prozent sprechen sich für eine Teilnahme Deutschlands aus. In den neuen Ländern ist der Rückhalt für den Regierungskurs mit 89 Prozent besonders hoch.

Internet Fotos von den Aktionen der Alliierten und der Live-Ticker zu den aktuellen Ereignissen unter www.rp-online.de/politik

(RP)
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