Düsseldorf Ab 50 steigt das Krankheitsrisiko

Düsseldorf · Die Generation der Babyboomer ist diejenige mit einer besonders hohen Stressbelastung – Erkrankungswellen sind deshalb programmiert. Ist das deutsche Gesundheitssystem darauf eingerichtet?

Die Generation der Babyboomer wird uns noch einige Schwierigkeiten bereiten – denn sie tritt jetzt genau in jene Dekade des Lebens, in der die ernsten Krankheiten des Lebens beginnen. Jeder, der um die 50 Jahre alt ist, muss ja nicht nur darüber nachdenken, dass seine Eltern irgendwann das Zeitliche segnen. Er selbst muss gewärtigen, dass er bald einen Herzinfarkt bekommen könnte, dass möglicherweise eine Krebserkrankung ins Haus steht, dass überhaupt das Ungemach des Lebens auf ihn einprasselt.

Andererseits hat genau diese Generation bis zum Abwinken gehört, dass sie vorsorgen soll; dass sie eine Darmspiegelung machen lassen soll; dass sie einen regelmäßigen Herz-Kreislauf-Check durchführen lässt; dass sie sich sportlich verhält oder wenigstens in Maßen bewegt. Wer jetzt um die 50 Jahre alt ist, dürfte wohl ein gewisses Reflektionsniveau besitzen, um zu wissen, dass ohne die Prophylaxe des Alltags ein höheres Alter nicht zwingend realistisch ist. Menschen in diesem Alter haben schon Tausende von Artikeln gelesen, in denen auf gesunde Mittelmeerkost hingewiesen wird, auf regelmäßige Bewegung, auf ausreichend Schlaf, auf Nikotinkarenz und auf die Kontrolle der Blutfett- und Blutzuckerwerte.

Aber es kann auch ganz anders kommen. Die Generation der Babyboomer ist diejenige mit einer besonders hohen Stressbelastung, und wer oft negativen Stress hat, der schüttet Stresshormone ins Blut aus, die an den Gefäßwänden gefährliche Spuren hinterlassen. Es könnte also trotz guter Vorbeugung dennoch ein leicht erhöhtes Risiko für sogenannte kardiovaskuläre Ereignisse bestehen.

Die Frage ist natürlich auch, ob unser Gesundheitssystem auf eine Generation mit immer mehr Leuten eingerichtet ist, die mit ernsten Wehwehchen herumkrebsen. In Zeiten, in denen die Krankenhäuser aus ökonomischem Druck gezwungen werden, Betten abzubauen, könnte ein Engpass entstehen, über den noch niemand recht nachgedacht hat.

Mancher neunmalschlaue Zukunftsseher wird gewiss unken, dass die Herz-Kreislauf-Krankheiten von 50-Jährigen selten das Niveau der Bypass-Pflichtigkeit erreichen werden; aber darüber sollten sie besser mal mit Herzchirurgen reden. Es hätte ja auch niemand gedacht, dass Frauen in der Infarkt-Epidemiologie mal heftig die Männer aufholen könnten, aber genauso ist es gekommen.

Apropos Bettenabbau: In etwa 20 bis 25 Jahren werden die Babyboomer dann allmählich so richtig krank werden, die üblichen Krankheiten haben und auch an den typischen Stubenhocker- und Büroarbeiter-Leiden wie Osteoporose laborieren. In eher ländlichen Bereichen werden vermutlich viele Hüft- und Kniegelenke ausgetauscht werden, allerdings mit einer deutlich kürzeren Liege-Zeit im Krankenhaus – es gibt ja zu wenig Betten. Und die überernährte Gesellschaft der Babyboomer wird dann spätestens ihre Schlaganfälle oder Herzinfarkte bekommen.

Es muss einem in diesem Zusammenhang zu denken geben, dass die Vorsorgeangebote der modernen Medizin so erschreckend selten genutzt werden, gerade von den ach so schlauen Babyboomern. Nur jeder Fünfte, der im richtigen Alter ist, lässt eine Darmspiegelung an sich vornehmen, die noch immer die mit Abstand beste Chance ist, sich eine Karzinom-Erkrankung mit fast hundertprozentiger Sicherheit vom Leib zu halten. Das muss uns zu denken geben.

Wer jetzt nicht vorsorgt, den holt irgendwann die Statistik ein.

(RP)
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