Düsseldorf 50 Jahre Amnesty – im Einsatz für die Vergessenen

Düsseldorf · Weil sie regierungskritische Artikel schrieb, wurde die äthiopische Journalistin Serjaken Fasil festgenommen und sollte zum Tode verurteilt werden. Im Gefängnis bekam sie unter menschenunwürdigen Bedingungen ein Kind. Heute ist sie frei – dank Amnesty International.

Es sind Erfolge wie dieser, die auf das Engagement der heute drei Millionen Mitglieder zählenden Organisation in 150 Ländern zurückgehen. Amnesty feiert an diesem Wochenende den 50. Geburtstag. Bei der Gründung 1961 war es die erste Gruppe, die sich des Schicksals politisch Gefangener in aller Welt angenommen hatte.

Der Londoner Anwalt Peter Benenson war auf dem Weg zur Arbeit, als er im November 1960 aus der Zeitung erfuhr, dass zwei Studenten in Portugal festgenommen worden waren, weil sie auf die Freiheit angestoßen hatten. Benenson entschloss sich zu handeln. Am 28. Mai 1961 veröffentlichte er in der Zeitung "The Observer" einen Artikel, in dem er die Leser aufforderte, mit Appellschreiben öffentlichen Druck auf Regierungen auszuüben und die Freilassung politischer Gefangener zu fordern – es war der Startschuss für Amnesty International. Am Ende des Jahres hatten sich bereits zehn Sektionen in Europa und den USA gegründet.

"Das große Verdienst von Amnesty International ist, die Menschenrechte als Anliegen der Gesellschaft zu vertreten und Öffentlichkeit herzustellen", sagt etwa Beate Rudolf, Chefin des Berliner Instituts für Menschenrechte. Mit Erfolg: Kein Staat wird gern für Menschenrechtsverletzungen angeprangert und öffentlich kritisiert. Und spätestens, als die Organisation 1977 den Friedensnobelpreis erhält, ist sie international anerkannt. Sie kann seitdem nicht länger von brutalen Despoten, aber auch nicht von westlichen Regierungen ignoriert werden. Dabei beschränkt sich Amnesty International längst nicht mehr nur auf die Verteidigung politisch Gefangener. Die Organisation tritt ein gegen Folter, für Flüchtlinge, für soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rechte. Überhebt sie sich damit?

"Die Gefahr sehe ich nicht, auch wenn es Kontroversen um die Ausrichtung der Organisation gegeben hat", sagt Wolfgang Grenz, Vize-Generalsekretär der deutschen Sektion, die 100 000 Mitglieder zählt. Als größeres Problem sieht etwa Heiner Bielefeldt, Professor für Menschenrechte in Erlangen und UN-Sonderberichterstatter, den Trend, dass Amnesty als eine Art Überinstitution auftrete. "Es wäre aus meiner Sicht sinnvoll, stärker auf die Arbeitsteilung mit anderen Organisationen zu setzen", sagte Bielefeldt unserer Zeitung.

Treu ist sich Amnesty International aber in der Arbeitsweise geblieben. Nach wie vor werden massenhaft Appellschreiben an Regierungen bei Verletzungen von Menschenrechten geschrieben. Nach wie vor veröffentlicht Amnesty International Länderberichte – zuletzt mit dem Ergebnis, dass in 81 Staaten gefoltert werde.

(RP)
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