Nürnberg "2014 kommen 180 000 aus Osteuropa"

Nürnberg · Im nächsten Jahr wird die Arbeitnehmer-Freizügigkeit auf Rumänien und Bulgarien ausgedehnt. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit rechnet mit einem Zustrom, aber nicht mit Armuts-Zuwanderung.

Im kommenden Jahr erhalten weitere Staaten der Europäischen Union die volle Arbeitnehmer-Freizügigkeit. Dann dürfen auch Rumänen und Bulgaren ohne Einschränkung in Deutschland arbeiten. Der Chef der Bundesagentur für Arbeit (BA), Frank-Jürgen Weise, rechnet mit einem kräftigen Zustrom. "Wir erwarten aus Bulgarien und Rumänien eine Netto-Zuwanderung von 100 000 bis 180 000 Arbeitskräften pro Jahr auf den deutschen Arbeitsmarkt", sagte Weise.

Das gehe aus einer Einschätzung des BA-eigenen Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hervor. Weise erwartet, dass sowohl gut ausgebildete Arbeitnehmer aus Rumänien und Bulgarien kommen als auch Menschen, die nur für einfache Tätigkeiten qualifiziert sind.

Die Handwerkskammer Düsseldorf und auch viele Kommunen fürchten durch den Wegfall der Beschränkungen eine drastische Zunahme von Schwarzarbeit und eine Armuts-Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme. Das sieht Weise anders: "Solche Erscheinungen gibt es, aber sie dominieren nicht den Arbeitsmarkt."

2011, als Polen, Ungarn und die baltischen Staaten die Freizügigkeit erhielten, habe es ähnliche Befürchtungen gegeben: "Sie haben sich nicht bestätigt." Aus diesen Ländern kämen im Jahr 100 000 Arbeitskräfte nach Deutschland, die meisten seien gut qualifiziert. Viele von ihnen seien sozialversicherungspflichtig beschäftigt.

Rumänien und Bulgarien sind seit dem Jahr 2007 Mitglied der Europäischen Union. Doch der Wohlstands-Unterschied zum Rest der Europäischen Union war so groß, dass man die Arbeitnehmerfreizügigkeit einschränkte. In Rumänien und Bulgarien sind 22 Prozent der Einwohner arm, so das Statistische Bundesamt. Als arm gilt in Bulgarien ein Single, der weniger als 145 Euro im Monat hat, in Rumänien sind es 105 Euro. Zum Vergleich: In Deutschland liegt dieser Schwellenwert bei 952 Euro. Solange es ging, hatte die Bundesregierung von Übergangsregeln Gebrauch gemacht, um den deutschen Arbeitsmarkt zu schützen. Rumänen und Bulgaren dürfen hier zwar schon als Selbstständige arbeiten, als Arbeitnehmer aber noch nicht. Das ändert sich zum 1. Januar 2014.

Der BA-Chef betonte, dass der deutsche Arbeitsmarkt auf Zuwanderung angewiesen sei. "Auf Dauer wird der deutsche Arbeitsmarkt eine Nettozuwanderung von mindestens 200 000 Arbeitskräften pro Jahr brauchen, damit der Fachkräftebedarf trotz schrumpfenden Erwerbspotenzials gedeckt werden kann", sagte Weise. Im März 2013 sank die Zahl der Arbeitslosen um 58 000 auf 3,098 Millionen.

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(RP)
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