Urteil im "Costa Concordia"-Prozess 16 Jahre Haft für "Costa"-Kapitän

Grosseto · Urteil im "Costa Concordia"-Prozess: Kapitän Francesco Schettino ist für das Schiffsunglück mit 32 Toten zu 16 Jahren Haft verurteilt worden. Er war bei der Urteilsverkündung gestern Abend wegen Fiebers nicht anwesend.

Francesco Schettino: Über 16 Jahre Haft
Foto: afp, mlm

Gut drei Jahre nach der "Costa Concordia"-Katastrophe ist Kapitän Francesco Schettino zu 16 Jahren und einem Monat Haft verurteilt worden. Schettino habe sich mehrfach der fahrlässigen Tötung schuldig gemacht, erklärte der Vorsitzende Richter gestern Abend im toskanischen Grosseto. Schettino war bei dem Urteilsspruch nicht anwesend, obwohl er das zuvor angekündigt hatte. Er habe Fieber, so seine Anwälte.

Vor der Verurteilung hatte sich Schettino noch einmal unter Tränen verteidigt. "Mein Kopf wurde geopfert, um wirtschaftliche Interessen zu schützen", beklagte der 54-Jährige in seinen Schlussworten.

Das Kreuzfahrtschiff war am 13. Januar 2012 mit mehr als 4200 Menschen an Bord vor der italienischen Insel Giglio auf eine Felsen gefahren und gekentert. Unter den Toten waren zwölf Deutsche. Schettinos Anwälte hatten einen Freispruch gefordert, die Staatsanwaltschaft 26 Jahre und drei Monate Haft.

Seit eineinhalb Jahren musste sich Schettino vor Gericht verantworten. Er hatte fast keinen der rund 70 Verhandlungstermine verpasst. Auch in der Woche des Urteils war er trotz Fiebers und Grippe im Gericht. Wie sonst auch saß er im Anzug neben seinen Anwälten in der ersten Reihe des zum Gerichtssaal umfunktionierten Theaters, tippt oft auf seinem Laptop herum.

Schettino hatte sich nach dem Unglück zuerst selbst gerettet, bevor die Evakuierung abgeschlossen war. Er selbst hatte immer wieder betont, dass vor allem seine Crew an dem Unglück schuld gewesen sei. Schettino war der einzige Angeklagte in dem Mammutprozess und stand seit eineinhalb Jahren vor Gericht. Stets gebräunt, oft mit Sonnenbrille und seinem eigenwilligen Auftreten bedient Francesco Schettino das Klischees vom machohaften Süditaliener, das weltweit ausgeschlachtet wurde. Mit flapsigen, unpassenden Sprüchen ("Auf dem Schiff komme ich als Kommandant gleich nach Gott") über das "Costa Concordia"-Unglück rückte er sich selbst in schlechtes Licht. Zu seinen berühmtesten Aussagen gehört, dass er in ein Rettungsboot "gerutscht" sei, weil die Schwerkraft auf dem sich neigenden Schiff gewirkt habe.

Von italienischen Medien wurde er öfter als "Kapitän Feigling" geschmäht, er selber sieht sich als Sündenbock der Nation und wies immer wieder anderen die Schuld für das Unglück zu. Schettino wurde 1960 in der Küstenstadt Castellammare di Stabia in der Nähe von Neapel geboren. Er besuchte das Nautische Institut in Piano di Sorrento.

Die Kreuzfahrtgesellschaft ernannte ihn 2006 zum Kapitän. Nach der Katastrophe im Januar 2012 distanzierte sich die Reederei von ihm. Schettino wurde festgenommen. Aus dem Hausarrest wurde er entlassen und verpflichtet, in seinem heutigen Heimatort Meta di Sorrento südlich von Neapel zu leben. Er ist verheiratet und hat eine Tochter.

Das Schiff fuhr damals zu nahe an die Insel heran und rammte einen Felsen, der ein etwa 70 Meter breites Loch in den Rumpf des 290-Meter-Kolosses riss. Viele Passagiere saßen in festlicher Kleidung beim Abendessen. Sie hörten einen Knall, dann fiel der Strom aus. Nach der Kollision spielten sich Augenzeugenberichten zufolge dramatische Szenen an Bord ab. Wasser drang ein, das Schiff neigte sich schnell zur Seite. Unter den Passagieren brach Panik aus, viele sprangen verzweifelt ins kalte Mittelmeer. Schwimmwesten fehlten, rund um die Rettungsboote herrschte Chaos. Tausende Schiffbrüchige landeten verstört und verfroren auf der Insel Giglio.

(dpa)
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