Podcast Tonspur Wissen "Es gibt über 100 Billionen verschiedene Arten von Bakterien, die in unserem Darm vorkommen können."
Interview | Düsseldorf · Mit der Bezeichnung „probiotisch" bewerben manche Hersteller ihre Joghurts, dass sie angeblich besonders gut für den Darm seien. Was damit wirklich gemeint ist und wieso eine diverse und vielfältige Darmbakterien-Gesellschaft im Körper als gesund angesehen wird, erklärt Lisa Budzinski im aktuellen Podcastinterview.
Wie funktioniert die Verdauung? Warum haben Menschen Bakterien im Darm. Wozu und wie viele braucht man davon? Und wie pflegt man die Bakterien-WG im eigenen Körper? Darüber spricht in der aktuellen Episode des RP-Podcasts „Tonspur Wissen" Lisa Budzinski. Die Berliner Biotechnologin forscht am deutschen Rheuma-Forschungszentrum und ist Gewinnerin des bundesweiten „Science Slam" 2022.
Frau Budzinski, worüber reden wir eigentlich, wenn wir über Darmbakterien sprechen?
Lisa Budzinski In jedem Fall sprechen wir da über sehr viele Arten. Wir reden über all die Bakterien, die in unserem Darm zusammenleben. Deren Vielfalt ist riesengroß. Im Grunde sind Bakterien aber einfach kleine Zellen. Viele meiner Bekannten waren eine Zeit lang irritiert, warum ich die so bezeichne. Aber ja, es sind genau solche Zellen wie unsere eigenen Körperzellen, die in unserem Körper mit uns zusammenleben.
Wie viele sind das denn?
Budzinski Im Darm sind es ungefähr 100 Billionen. Das hängt aber davon ab, was wir bisher messen konnten. Damit sind wir ein bisschen limitiert. Aber die Zahl kommt ungefähr hin. Insgesamt sind es allerdings noch viel mehr Bakterien als die, die wir bisher überhaupt erfassen konnten.
In jedem einzelnen Darm leben also mehrere Millionen Bakterien. Was wiegen die denn zusammen?
Budzinski Man sagt, das Darm-Mikrobiom wiegt insgesamt etwa zwei Kilogramm. Also nur die Bakterien gerechnet, die mit uns zusammenleben.
Die sind nicht alle gleich, sondern sehr verschieden?
Budzinski Das sind alles absolute verschiedene Formen von Bakterien, mit verschiedenen Namen und Aufgaben. Wir haben da eine richtig diverse Gesellschaft in unserem Darm.
Kennen sie von denen alle mit Namen? Oder wie erkennen sie, welche für was gut oder schlecht sind?
Budzinski Das ist eine sehr schwierige und komplexe Frage. Natürlich kenne ich die Bakterien nicht alle mit Namen. Wir analysieren sie oft für ihren Namen, lesen diesen also aus der DNA ab. Daraus kriegen wir eine Liste mit sehr verschiedenen, oft schwer auszusprechenden Namen. Darunter treten dann auch welche auf, von denen wir sonst vorher noch nicht gehört haben oder die von anderen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen bestimmt wurden. Der Name sagt aus unserer Sicht aber gar nicht so viel darüber aus, ob es ein gutes oder schlechtes Bakterium ist. Vielmehr sind die Eigenschaften entscheidend. Wenn man jemanden kennenlernt, dann mag man manchmal auch seinen Namen gar nicht oder ganz besonders gerne. Das heißt aber noch nicht, dass man mit der Person auch gut auskommt, sondern hängt von anderen Faktoren ab. Ganz genauso verhält es sich auch mit den Bakterien.
Im Darm sind wohl die wesentlichen Bakterien gut, oder?
Budzinski Das möchte ich nicht gerne mit diesen Begriffen ausdrücken. Es gibt eigentliche keine guten oder schlechten Bakterien. Stattdessen gibt es für uns gute oder schlechte Funktionen von Bakterien. Die im Darm sind vorwiegend wichtig und gut für uns in ihrer Funktion. Sie unterstützen uns bei der Verdauung von Nahrungsmitteln, sodass wir an viele kleine Komponente der Nahrung viel besser herankommen oder ansonsten gar nicht aufnehmen würden. Dafür brauchen wir die Bakterien. Außerdem trainieren sie unser Immunsystem. Das ist eine besonders relevante Funktion der Darmbakterien. Diese Eigenschaft wird aktuell in der Forschung auch am meisten betrachtet.
Man sollte sich also schon darum kümmern, dass man viele Darmbakterien hat und diese ihre Arbeit da auch ordentlich verrichten, indem sie bei der Verdauung helfen oder das Immunsystem trainieren. Das heißt aber auch, dass einige darunter potentiell krank machen könnten?
Budzinski Ganz genau. Diese enge Kooperation mit unserem Immunsystem ist eine sehr spezielle und besondere Rolle der Darmbakterien, aus der auch ein Risiko entsteht. Dieses Risiko betrifft zum Beispiel die Kommunikation zwischen den Bakterien und dem Immunsystem. Wenn da beispielsweise etwas schiefläuft oder ein Missverständnis auftritt, hat das Einfluss auf unsere Gesundheit und können an Krankheiten teilhaben. Man ist sich diesbezüglich aber noch unsicher. Was jedoch sicher ist, ist dass sich die Darmbakterien verändern, wenn wir krank werden. Aber wir wissen nicht, ob sie sich zuerst verändert haben und der Mensch anschließend krank wurde, oder diese Veränderung als Konsequenz dessen geschah. Diese zeitliche Abfolge aufzuklären, ist ein großer Schwerpunkt der aktuellen Forschung.
Sie forschen am Deutschen Rheuma-Forschungszentrum. Rheuma ist ja eine Auto-Immunkrankheit, bei der das Körperabwehrsystem den eigenen Körper angreift. Spielen da Darmbakterien auch eine Rolle?
Budzinski Wir vermuten es. Auch hier konnten wir bereits analysieren, dass die Darmbakterien von kranken Patienten ganz unterschiedlich zu der Vergleichs-Kontrollgruppe aussehen. Auch hier schauen wir wieder, wenn die Krankheit schon da ist. Den genauen Einfluss kennen wir aber auch hier nicht. Verschiedene Studien haben zumindest schon einen Zusammenhang zwischen einigen bestimmten Bakterien hergestellt, die angeblich immer in Patienten mit rheumatoider Arthritis auftreten und damit eine Art Risikofaktor darstellen. Ob das für jeden Menschen gilt und ob diese Bakterien wirklich die Krankheit auslösen, ist aber weiterhin schwer zu sagen. Das wird zwar in Maus- oder Tiermodellen getestet. Die Ergebnisse daraus lassen sich aber teilweise nicht direkt auf die komplexe Realität im Menschen übertragen.
Wie sieht denn ein gesundes Mikrobiom im Darm aus? Könnte ich auch bei mir erkennen, was gesund oder was nicht so gesund aussieht?
Budzinski Ich gehe davon aus, dass sie sich das nicht wünschen würden. Eine erkrankte Darmflora nennt man auch Dysbiose, was eine gestörte Zusammensetzung der Bakterien bedeutet. Bei der Messung kann man schon deutlich erkennen, wenn es sich hierbei um eine solche handelt. Die Profile sehen so anders aus, dass auch sie das mit dem bloßen Auge sehen können. Aber dann geht es den Patienten auch wirklich schlecht. Das wird insbesondere bei chronischen, entzündlichen Darmerkrankungen wie Morbus Chrom oder Colitis deutlich. Bei anderen Erkrankungen wie der rheumatischen Arthritis, wo der Darm gar nicht so eine Rolle spielt, wird das nicht so deutlich. Dann müssen wir mehr Details angucken, um im Nachgang festzustellen, ob die Darmbakterien die Krankheit anzeigen können oder nicht.
Mit bloßem Auge ist das nicht zu erkennen, sondern nur per Mikroskop?
Budzinski Mit dem bloßen Auge lassen sich Bakterien nicht erkennen. Dafür sind sie zu klein. Erst, wenn sie kultiviert werden und kleine Häufchen in der Petrischale bilden, kann man sie sehen. Wir benutzten stattdessen die Durchflusszytometrie. Das ist eine Technologie, bei der die Zellen oder in dem Fall die Bakterien wie durch einen Wasserhahn von oben nach unten laufen und dabei jede einzelne Zelle "angeleuchtet" wird. Ich sehe aber nie ein Realbild der Zelle. Sondern nur die Lichtsignale, die dann im Computer in einen Punkt umgerechnet werden. Am Ende gucke ich mir dann solche Bilder mit verschiedenen Punkten an und finde darüber die Muster und Eigenschaften der Darmbakterien.
Dazu gibt es dann Standardbilder, die das Mikrobiom eines gesunden Menschen zeigen, oder? Das sieht so ein bisschen aus wie ein Spiegelei.
Budzinski (lacht) Ja, allerdings bezeichnen wir die Formen eher als Wal. Aber jede Person sieht in unseren Bildern etwas anderes. Wir haben im Grunde eine Idee davon, wie eine gesunde Darmflora aussieht. Wenn ich das anhand der Bilder zu beschreiben versuche, sind diese vor allem immer sehr divers. Daher gucken wir uns verschiedene Dimensionen an und je mehr in all diesen Dimensionen passiert, desto deutlicher ist das Bild. Ein gesundes Profil kann man sich wie ein Wimmelbild vorstellen, welches komplett voll ist. Das wäre perfekt, weil man dann viele verschiedene Bakterien in seinem Darm hat. Auch wenn man die Namen der Bakterien analysiert, gilt: Je mehr Namen, desto besser. Das deutet auf eine sehr vielfältige Darm-Gemeinschaft hin.
Wozu muss diese Gesellschaft denn so vielfältig sein?
Budzinski Zum einen haben viele Darmbakterien sehr verschiedene Funktionen. Das heißt, sie helfen uns bei unterschiedlichen Dingen. Wir kommen bei der Verdauung dadurch zum Beispiel an noch mehr Nährstoffe heran, als wenn wir ein minimiertes oder reduziertes Darmmikrobiom haben. Das passiert übrigens, weil wir mit den vielen, prozessierten Lebensmitteln in unserer westlichen Diät die Aufgaben für die Bakterien reduzieren. Je mehr man Bakterien man hat, desto mehr Eigenschaften kann man allerdings nutzen. Eine diverse Darmflora gibt dem Immunsystem auch sehr viel Anhaltspunkte, welches die guten und welches die schlechten Eigenschaften von Bakterien sind und wie es darauf reagiert. Das ist besonders wichtig für die Ausbildung der Immunantwort.
In westlichen Gesellschaften nimmt man also viel mehr vorbereitete und vorrezeptierte Sachen zu sich. Dazu gesellt sich noch viel Zucker und Fett im Essen, wodurch wir also ein reduziertes Mikrobiom und insgesamt weniger Darmbakterien haben. Was macht man denn, damit sich diese regeneriert und man wieder mehr, aktivere Darmbakterien bekommt? Kann man die Bakterien trainieren?
Budzinski Ja, das kann man allerdings. Probiotisch und prebiotisch sind die Begriffe, die dazu in letzter Zeit viel verwendet wurden.
…. das liest man bei verschiedenen Produkten häufig im Supermarkt. Man kann sich also reichlich neue Bakterien zuführen, wenn man diese Produkte isst?
Budzinski Als reichlich lässt sich das nicht bezeichnen. Man kriegt dann eine bestimmte Art von Bakterium, die bei der Generierung dieses Joghurts eine Rolle gespielt hat. Das Gären des Joghurts ist nämlich etwas, wozu viele Bakterien eingesetzt werden können. Dieses Bakterium nehmen wir dann mit auf und es gelangt in unserem Darm. Ob es sich dort auch festsetzt, ist eine ganz andere Geschichte. Aber der Begriff probiotisch hat sich bisher sehr gut verkauft und ist etabliert. Für manche Menschen können diese Produkte tatsächlich sehr hilfreich sein, wenn auch nicht für alle. Dasselbe gilt für die Tütchen mit Bakterienkulturen, die man in den Apotheken kaufen kann. Deswegen plädieren wir eher für prebiotische Therapien bzw. Verhalten. Das bedeutet, man gibt den Bakterien sehr viele Aufgaben und isst viele Dinge, die im ersten Moment vielleicht nicht so leicht zu verdauen sind. Dadurch versucht man die Bakterien zu vervielfältigen, die diese Aufgabe erfüllen können.
Was isst man denn für eine prebiotische Therapie?
Budzinski Sehr viele Ballaststoffe. Also Dinge, die prinzipiell schwer für uns zu verdauen sind. Man sollte sich da aber vorsichtig heranwagen und darf jetzt nicht anfangen, ganz viele Linsen zu essen und sich dann nachher über Bauchschmerzen beschweren. Stattdessen muss man der Sache auch Zeit geben. Vielleicht in kleinen Schritten anzufangen, bestimmte Nahrungsmittel wie Kohl oder Sauerkraut und Kimchi zu essen, welche man lange nicht zu sich genommen hat. Diese Nahrungsmittel also in die Ernährung einzubauen, schafft neue Aufgaben für die Bakterien, ohne sie gleich zu überfordern.
Heißt es eigentlich Darmflora oder Fauna? Gehören Bakterien eher zu Pflanzen oder Tieren?
Budzinski Weder noch. Es sind Lebewesen, die ihren eigenen Zweig im Stammbaum aller Lebewesen haben. Ich wurde schon oft gefragt, warum man das dann Flora nennt. Ich glaube, weil es sich dann einfacher darüber sprechen lässt und sich das Wort Darmflora irgendwie etabliert hat. Wir versuchen allerdings eher von einer "Darmbakterien-Gesellschaft" zu sprechen.
Wie lange dauert es denn, bis eine prebiotische Ernährung anschlägt?
Budzinski Das hängt davon ab, wo und wie sie beginnen. Es hängt auch von ihnen selber ab. Ihre eigene Darmbakterien-Gesellschaft ist genauso individuell, wie sie es selbst auch sind. Es gibt keine Pauschalantwort. Die gibt es bei Fragen zur Darmflora aber generell selten. Ich gehe davon aus, dass man innerhalb von ein bis zwei Wochen eine Veränderung erwirken kann. Man muss die angefangene Ernährung aber auch beibehalten. Denn so schnell wie das Darmbakterium darauf reagieren kann, so schnell verschwindet es wieder, wenn diese Nahrungsmittel nicht mehr zur Verfügung stehen.
Eigentlich wird doch alles, was wir essen, durch die Magensäure zersetzt. Das ist ja auch ein Schutzmechanismus vor anderen Bakterien. Das heißt, die meisten Bakterien werden durch diese erste Stufe der Verdauung im Magen bereits eliminiert. Welche kommen denn dann am Ende im Darm wirklich an?
Budzinski Es gibt immer eine Chance, dass ein Bakterium diese Stufe überwindet. Bakterien sind auch sehr gut darin, schwierigen Bedingungen auszuweichen. Sie können zum Beispiel Sporen bilden oder sich sozusagen einkapseln. Wenn die Bedingungen wieder besser werden, wachen sie quasi auf und fangen wieder an zu leben. Zum anderen ist es manchmal auch einfach die Menge, die uns zugeführt wird. Bei verdorbenen Lebensmitteln kann es sein, dass bei geringen Mengen gar nichts passiert. Wenn man aber viel davon zu sich nimmt, schafft unser Körper es nicht mehr, den Infekt durch die normalen Abwehrmechanismen vorzubeugen. Dasselbe geschieht mit den Darmbakterien. Die werden oral zugeführt, sonst würden die ganzen pre- und probiotischen Produkte nicht funktionieren. Man darf aber jetzt keine Angst, dass über ungewaschene Lebensmittel viele, komplett neue Bakterien in den Körper gelangen. Es ist immer auch eine Frage der Anzahl der Bakterien, die durch den Magen kommen.
Deswegen gelingt auch ein relativ schneller Aufbau der Darmflora wieder, nachdem man Antibiotika zu sich nehmen musste? Die machen ja eigentlich Tabula rasa mit allen Bakterien.
Budzinski Ja. Wobei man auch da differenzieren muss. Wir nennen das zwar Tabula rasa. Tatsächlich ist es aber sehr schwer, den Darm komplett steril und frei von Mikroorganismen zu bekommen. Selbst bei der Einnahme von Antibiotika stören wir zwar das ganze System, aber die Bakterien sind nie völlig weg. Es gibt immer Stellen im Darm, in denen noch einzelne oder ganze Gruppen von Bakterien bestehen bleiben. Diese müssen nach der starken Therapie wieder auswachsen und eine neue Gesellschaft bilden. Wie diese gebildet wird, hängt davon ab, was wir essen und wie es uns in dem Moment geht. Einige Ärzte neigen dazu, Probiotika von außen hinzuzuführen. Wenn aber eine wachsende Gemeinschaft plötzlich jemanden vor die Tür gesetzt bekommt, der jetzt mit leben möchte, aber vorher gar kein Bestandteil war oder eine Aufgabe erfüllt hat, kann das die Wiederbelebung des Darmmikrobioms auch behindern. Deswegen wäre ich da vorsichtig und würde eher versuchen, den Prozess über die Ernährung zu unterstützen. Also dem Darm viele Aufgaben zuführen, gut kauen, langsam essen und den Bakterien Zeit geben, wieder fit zu werden.
Jeder Mensch hat also seine eigene WG im Darm, die sich auch nach ihren eigenen Gesetzten entwickeln und ansiedeln darf. Was ist denn, wenn einer in der WG ein Stinkstiefel ist oder langsam dazu wird? Was macht man dann?
Budzinski Offensichtlich führt man dann einen Lebensstil, der diesen bestimmten Mitbewohner dazu eingeladen hat, überhaupt da zu sein. Oder es ist eine Krankheit. Hier haben wir aber noch nicht verstanden, wie dieses Gleichgewicht auseinanderfällt oder wann es als komplett zerfallen gilt. Die Idee von Therapieansätzen wäre es dann, bestimmte Bakterien gezielt und aktiv auszulöschen. Das ist aber alles noch nicht ausgereift. Wir würden eher vorschlagen, die Eigenschaft der Bakterien zu verändern. Wenn also jemand nur gerade ein schlechter Mitbewohner ist, müssen wir ihm etwas zur Verfügung stellen, was die Eigenschaft und die Rolle des Bakteriums verändert. Wenn es ganz hart auf hart kommt, gibt es auch Therapieansätze, die das komplette Darmmikrobiom ersetzen oder austauschen. Dann wird es durch ein funktionales Darmmikrobiom von einer anderen Person ersetzt.
Wie funktioniert das?
Budzinski Man nennt es tatsächlich Stuhltransfer oder Fäkalientransfer. Dabei versucht man, die gesunde Darmbakterien-Gesellschaft eines gesunden Menschen ohne Entzündungen über den Stuhl in den kranken Menschen einzupflanzen. Das funktioniert über Kapseln oder tatsächlich auch, indem es dann in den Darm zurückgeführt wird. Da muss man aber sehr vorsichtig vorgehen. Wie ich schon gesagt habe, ist es sehr individuell, welche Darmbakterien das eigene Immunsystem tolerieren kann. Dieser Prozess muss klinisch genau begleitet werden, ob die neue Gesellschaft gut ankommt und auch mit dem Körper harmoniert.
Hört sich nicht so wirklich appetitlich an.
Budzinski Ist es auch nicht. Generell ist es aber ein spannender Ansatz, dass so etwas überhaupt funktionieren kann.
Eine persönliche Frage zum Schluss: Wie lange haben sie gebraucht, um sich an die Arbeit zu gewöhnen? Das, was sie tun, sind ja Stuhlproben auf ihre Bakterienzusammensetzung zu untersuchen. Das scheint mir auch eine Herausforderung zu sein.
Budzinski Natürlich. Wenn man sich in klinisch angelehnter Forschung bewegt, hat man immer Proben von Menschen vor Augen. Im Zweifelsfall ist es eine Blutprobe. Die macht mir manchmal sogar mehr Probleme, weil sie noch warm aus dem Körper kommen kann und ich somit das Gefühl habe, dass dort jemand verletzt wurde. Bei Stuhlproben habe ich das nicht. Natürlich kostet es manchmal auch Überwindung. Man gewöhnt sich aber daran und abstrahiert es als sein eigenes Forschungsmaterial. Irgendwann fängt man sogar an, eigene Parameter dazu aufzuschreiben. Wir dokumentieren dabei, wie die Konsistenz oder die Farbe aussah, um diese auf unsere Analyse zurückzuführen. Das klingt von außen betrachtet zwar komisch, was ich durchaus verstehen kann. Im Grund würde ich aber meinen Beruf nicht mehr tauschen wollen.
Transkripiert und zur besseren Lesbarkeit leicht angepasst, von Christopher Trinks
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