Traunstein Bad Aibling: Haft für Fahrdienstleiter

Traunstein · Nach dem Zugunglück mit zwölf Toten muss er dreieinhalb Jahre in Haft.

Zugunglück in Bad Aibling: Haft für Fahrdienstleiter
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Der Fahrdienstleiter zeigt nicht die geringste Regung, als der Vorsitzende Richter "im Namen des Volkes" sein Urteil verkündet. Er starrt vor sich hin, als er hinter der Anklagebank stehend den Schuldspruch entgegennimmt: dreieinhalb Jahre Haft wegen fahrlässiger Tötung in zwölf Fällen. Auch als Richter Erich Fuchs das Urteil begründet, geht der Blick des Verurteilten ins Leere. Mit dem Schuldspruch im Landgericht Traunstein hat die strafrechtliche Aufarbeitung des Zugunglücks vor rund zehn Monaten in Bad Aibling ein vorläufiges Ende gefunden.

Fuchs lässt in der fast einstündigen Urteilsbegründung kein gutes Haar am Verhalten des 40-Jährigen. Ganz klar arbeitet er heraus, dass der Bahnmitarbeiter nie und nimmer im Dienst auf seinem Handy das Fantasy-Rollenspiel "Dungeon Hunter 5" hätte spielen dürfen. Darin geht es um das Töten von Dämonen. "Er war gedanklich in diesem Spiel fixiert, er war gedanklich gefangen", hält der Vorsitzende Richter dem Fahrdienstleiter vor. Dadurch sei der Mann in seiner Konzentration und Aufmerksamkeit erheblich beeinträchtigt gewesen. "Der Angeklagte hat mehrere Fehler begangen, und er hat gegen seine dienstlichen Vorschriften verstoßen." Beim Zusammenstoß der beiden Nahverkehrszüge am 9. Februar auf eingleisiger Strecke in dem oberbayerischen Kurort starben zwölf Menschen, fast 90 Reisende wurden teils lebensgefährlich verletzt.

Zugunglück in Bad Aibling: Haft für Fahrdienstleiter
Foto: dpa, kne gfh

Fuchs zählt noch einmal exakt die Fehlerkette auf, die der Bahnmitarbeiter auslöste. Nach Überzeugung der Großen Strafkammer war er hochgradig abgelenkt durch das verbotene Spielen auf seinem Handy: Erst verlegte er die Kreuzung der Züge in einen anderen Bahnhof als es der Fahrplan vorsieht, dann setzte er mehrere Signale falsch. Vor allem aber hätte er das sogenannte Sondersignal Zs1 nicht stellen dürfen, das alle Sicherungseinrichtungen der Bahn bei unvorhergesehenen Ereignissen außer Kraft setzt. Als er den fatalen Fehler bemerkte, drückte er beim Auslösen des Notrufes auch noch die falsche Taste. "Das hätte er beherrschen müssen", betont der Vorsitzende. Der Alarm kam wegen des Fehlers nicht in den Zügen an, die Katastrophe war unausweichlich.

Fuchs lässt auch keinen Zweifel daran, dass die alleinige Verantwortung für das Zugunglück beim Fahrdienstleiter liegt, auch wenn die Bahn auf der Unfallstrecke bis heute veraltete Signaltechnik einsetzt. Die Technik im Stellwerk von Bad Aibling sei fehlerfrei gewesen. "Der Zusammenstoß erfolgte nur deshalb, weil der Angeklagte in diese funktionierende Technik selbst eingegriffen hat."

(dpa)
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