Rätsel des Alltags Woher kommt der Ausdruck "blau machen"?

Düsseldorf (RP). In der Schule und während des Studiums wird es sich wohl jeder das eine oder andere Mal erlaubt haben, im Berufsleben ist das schon schwieriger: Die Rede ist vom "blau machen". Woher der Begriff kommt, dürfte aber selbst den meisten "Schwänzern" unbekannt sein.

Der Ausdruck geht auf die Färberzunft im Mittelalter zurück, die Wolle, Garn oder gewebten Stoff in einem aufwändigen Verfahren blau färbte.

Bis zum Ende des 16.Jahrhunderts lieferte das Wildkraut Färberwaid, eine gelb blühende Staude, den einzigen blauen Farbstoff in Europa. In einer langwierigen Prozedur verwandelten die Färber das in diesem Kraut enthaltene Indigo-Pigment in eine Lösung, die Kleidung blau färbte.

Das Problem: Indigo löst sich nicht in Wasser. Um damit zu färben, musste man es in eine andere chemische Form überführen. Dazu benötigte man damals einen großen Bottich, die Blätter des Färberwaid - und viele Liter Urin, um den Farbstoff zu "verküpen", also löslich zu machen.

Beim Faulen von Urin bildet sich Ammoniak, das zu diesem Zweck in seiner wasserlöslichen Form (Ammoniumhydroxid = Salmiakgeist) zum Einsatz kam. Die Färber gewannen den Stoff auf ganz einfache Weise: Sie tranken viel Bier, da dieses bekanntlich sehr gut "treibt".

Die Blaufärberei erforderte schönes Wetter und Zeit. So wurden die Stoffe meist sonntags für etwa zwölf Stunden in die bräunlich-gelbe Brühe gegeben. Die musste dann nur noch ab und zu umgerührt und der verdunstete Urin ersetzt werden.

Aber auch jetzt waren die Stoffe noch nicht blau - sie hatten nur die unappetitliche Farbe der Brühe angenommen. Erst an der Luft oxidiert Indigo und ändert seine Farbe. So holten die Färber die Textilien aus dem Bottich, hängten sie an die Luft und ließen Sonne und Sauerstoff für sich arbeiten.

Abgesehen vom Gestank war Blaufärben also recht angenehm. Die Färber arbeiteten bei Sonnenschein im Freien, und es gab reichlich zu trinken. Immer wenn die Färbergesellen am Montag in der Sonne neben ihren Stoffen lagen und reichlich betrunken auf das Ergebnis warteten, wusste jeder, dass blau gefärbt wurde. Die Färber waren "blau" und machten "blau". Auch der "blaue Montag" geht wohl darauf zurück. ddt

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