Kürzungspaket der rheinischen Synode Wo Sparen der Kirche besonders wehtut

Bad · Die rheinische Synode hat ein millionenschweres Kürzungspaket beschlossen. Die Effekte sind vielfältig und schmerzhaft.

Kürzungspaket der rheinischen Synode: Wo Sparen der Kirche besonders wehtut
Foto: KLAUS-DIETER STADE

Neuenahr 8.116.566 Euro und 77 Cent — diese Zahl löste in der rheinischen Synode gestern vernehmliches Raunen aus. Christiane Köckler-Beuser wusste, warum: "Manchmal ist die Arbeit für unsere Kirche schön, und manchmal ist sie sehr schwer." Der Düsseldorfer Juristin Köckler-Beuser, der Vorsitzenden des "Ausschusses für Aufgabenkritik", fiel die Pflicht zu, den Synodalen ein millionenschweres Sparpaket auch formal vorzustellen.

Es ist die erste Etappe eines Prozesses, durch den der landeskirchliche Haushalt bis 2018 um 35 Prozent gegenüber 2012 schrumpfen soll — um 20 Millionen Euro pro Jahr. Mit den 8,1 Millionen hat die rheinische Kirche also erst weniger als die Hälfte geschafft. Fünf Millionen Euro aus dem ersten Paket sollen schon bis 2015 gespart werden.

Am Ende stand ein überraschend eindeutiges Erlebnis: Die Synode billigte die Sparvorlage bei nur sechs Enthaltungen und mit minimalen Änderungen. Trotzdem wurde in der gut zweistündigen Debatte der Konflikt zwischen Kopf und Herz sehr deutlich — die Kürzungen tun weh. Fünf Beispiele.

Schulen Ein Herzstück evangelischer Arbeit und einer der größten Kostenpunkte: Die rheinische Kirche betreibt zehn Schulen. Fast ein Drittel des Sparpakets hat die Bildungsabteilung beizusteuern. Dazu gehört die Schließung des Internats in Hilden (330 000 Euro), eine "moderate Anpassung der Preise" in den Mensen und Cafeterien der Schulen (264 000 Euro) und der Beschluss, durch sinkende Schülerzahlen oder Schulzeitverkürzung freiwerdende Lehrerstellen nicht neu zu besetzen (315 000 Euro). Außerdem wird der Zuschuss für die Kirchliche Hochschule in Wuppertal gekürzt (240 000 Euro) — das werde "nur mit Einschnitten im Lehrangebot realisierbar sein", heißt es klipp und klar in der Vorlage.

Büchereien Mehr als 200 evangelische Bibliotheken, etwa in Gemeinden und Kliniken, werden von der Büchereifachstelle unterstützt. Sie wird geschlossen; das spart pro Jahr 150 000 Euro. Allerdings greift das statt sofort erst 2023 — auf Intervention der Synode. Bis dahin sollen Lösungen gefunden werden, die Arbeit der Fachstelle anders fortzuführen. Er habe "teils erzürnte Post bekommen", räumte Bildungsdezernent Stefan Drubel ein. Horst Hörpel, Superintendent aus Simmern im Hunsrück, sagte, wer aus der Großstadt komme, könne sich die Bedeutung einer Pfarrbücherei auf dem Lande oft kaum vorstellen.

Arbeitslosenhilfe Fast 2,5 Millionen Euro fließen von der Landeskirche derzeit jährlich in Arbeitslosenprojekte, etwa Hilfen der Diakonien zur Wiedereingliederung. 300 000 Euro davon werden gestrichen. "Es kann nicht darum gehen, unseren Auftrag für die Armen zu konterkarieren", protestierte der Dinslakener Superintendent Jürgen Duscha: "Die staatlichen Zuschüsse werden zurückgefahren, und jetzt folgt die Kirche diesem Signal." Viele Kirchenkreise stünden nun unter Zugzwang, die weggefallenen Mittel zu ersetzen, fürchtet Duscha.

Partnerkirchen "Nur" 15 000 Euro pro Jahr weniger sollen an die Reformierte Kirche in Ungarn, die Böhmischen Brüder und die Waldenser in Italien fließen — doch das berührt das Selbstverständnis: "Die Kürzungen dürfen nicht auf Kosten der Verlässlichkeit gegenüber anderen gehen", gab Köckler-Beuser selbst zu bedenken. Ähnliche Sorgen wurden aus der Synode laut. Ökumene-Chefin Barbara Rudolph beteuerte: "Wir sind immer noch eine der zuverlässigsten Kirchen. Das können Sie unseren Partnern zumuten."

Gerichtsbarkeit Die erstinstanzliche Kirchengerichtsbarkeit soll an die Evangelische Kirche in Deutschland nach Hannover abgegeben werden (macht 54 167 Euro Einsparung); die Abgabe des Disziplinargerichts soll geprüft werden. Schon die Sparvorlage listet einen ganzen Katalog von Einwänden und Bedenken auf — von fehlender Ortsnähe bis zu der Absurdität, der Streitwert könne niedriger sein als die Reisekosten und der Arbeitszeitverlust durch eine Reise nach Hannover. Im Landeskirchenamt fürchtet man zudem, eine Abwanderung der Disziplinarkammer könne zu einer Verschleppung der Verfahren in Fällen sexuellen Missbrauchs führen.

Eins der wenigen Vorhaben, die die Synode stoppte, ist die Kürzung bei den Ausbildungsstätten für Diakone (99 000 Euro pro Jahr). Drei unterstützt die rheinische Kirche, eine davon in Neukirchen-Vluyn. Der Ausschuss ließ den Vorschlag fallen — man wolle keine Entscheidung treffen, bevor es klare Prioritäten gebe, sagte Köckler-Beuser. Das verweist auf die nächste Spar-Stufe: Bis Anfang 2015 soll es Vorschläge für die restlichen zwölf Millionen geben. Dann stehen grundlegende Entscheidungen an. Dazu gehört auch die, ob die Kirche überhaupt noch Schulträgerin sein will.

Die Entscheidungen werden also nicht einfacher. Immerhin — einen Trost gebe es, war aus der Pressestelle zu hören: "Unsere Zahlen sind belastbarer als die des ADAC."

(RP)
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