mRNA-Botenstoffe Moleküle als wichtige Helfer

Meinung | Aachen · Bei der Entwicklung der mRNA-Impfstoffe wurde eine Eigenerfindung unserer Zellen für einen medizinischen Zweck genutzt.

 Mit der Corona-Pandemie wurde die mRNA-Vakzine einsatzfähig: Impfstoffe von Moderna und Biontech.

Mit der Corona-Pandemie wurde die mRNA-Vakzine einsatzfähig: Impfstoffe von Moderna und Biontech.

Foto: dpa/Jan Woitas

Als das humane Genom im Jahr 2001 entschlüsselt wurde, haben Wissenschaffende nicht schlecht gestaunt. Nur etwa ein Prozent der DNA unserer Chromosomen sind „echte“ Gene, kodieren also für Proteine als Bestandteile unserer Zellen. Weitere drei Prozent stellen Gene für aktive RNA dar. Diese RNA-Moleküle sind die kleinen Helfer von Proteinen, sie regeln deren Synthese und halten Proteinkomplexe funktionsfähig. Der Großteil unserer DNA ist jedoch bisher unbekanntes Terrain und wurde früher als DNA-Müll bezeichnet. Dazu gehören virale Sequenzen, also DNA von Retroviren, die im Laufe unserer Evolution in unseren Chromosomen endgelagert wurden, als auch Transposons – kleine, sich vermehrende, DNA-Parasiten, die zwischen Chromosomen hin- und her springen und dabei Unfug anrichten können.

Das DNA-Durcheinander unserer Zellen wurde noch undurchsichtiger mit der Entdeckung der extrazellulären Vesikel. Die winzigen membranumhüllten Vesikel werden von Zellen unseres Körpers losgeschickt, um andere Zellen umzuprogrammieren. Die Vesikelfracht besteht aus DNA, Proteinen und RNA; wird die Fracht bei der Empfängerzelle abgeliefert, verändert diese ihr Verhalten. So können Immunzellen durch extrazelluläre Vesikel aktiviert werden, um gemeinsam eine Infektion zu bekämpfen. Andererseits ist es aber auch möglich, dass Krebszellen tumorfördernde Moleküle zu einer benachbarten Zelle senden, was zu Metastasen führen kann.

Mit der Corona-Pandemie wurde die mRNA-Vakzine einsatzfähig; sie wird inzwischen auch zur Bekämpfung anderer Infektionskrankheiten wie der Malaria oder von Krebs verwendet. Bei der mRNA-Impfung wird Boten-RNA, die für Antigene kodiert, in Vesikel verpackt und zu unseren Körperzellen gesandt, die daraufhin die Antigene für die Immunantwort selbst herstellen können. Die molekulare Beeinflussung entspricht der von extrazellulären Vesikeln. Die Wissenschaft hat die mRNA-Vakzine somit nicht neu erfunden, sondern eine Eigenerfindung unserer Zellen für einen medizinischen Zweck umgewandelt.

Unsere Autorin ist Professorin für Infektionsbiologie an der RWTH Aachen. Sie wechselt sich hier mit der Philosophin Maria-Sibylla Lotter ab.

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