Ausgang der „Midterm“-Wahlen Hoffnung für die Demokratie

Meinung · Umfragen hatten einen Erdrutschsieg der Republikaner bei den „Midterm“-Wahlen prognostiziert - doch es kam anders. Das politische System in den USA ist stärker, als manche in Deutschland glauben. Das gibt Hoffnung für die Demokratie.

Joe Biden, Gewählter Präsident (President-elect) der USA, spricht bei einer Drive-in-Kundgebung für die demokratischen Kandidaten für den US-Senat in Georgia, Warnock und Ossoff (Archivfoto).

Joe Biden, Gewählter Präsident (President-elect) der USA, spricht bei einer Drive-in-Kundgebung für die demokratischen Kandidaten für den US-Senat in Georgia, Warnock und Ossoff (Archivfoto).

Foto: dpa/Patrick Semansky

Normalerweise drehen sich die „Midterm“-Wahlen in den USA um Innenpolitik und die Qualität lokaler Kandidaten. Aber ihr Ausgang hat oft weitreichende außenpolitische Konsequenzen. Diesmal auch für das Weiterbestehen der amerikanischen Demokratie. Davon wiederum hängt ab, ob andere Demokratien sich langfristig gegen aggressive Autokratien behaupten können. Militärisch ist Europa immer noch ein Zwerg. Ohne die USA gäbe es die Ukraine nicht mehr.

Bei der letzten Präsidentschaftswahl in den USA wurde auf dramatische Weise deutlich, dass eine Zerstörung der Demokratie von innen nicht nur in Ländern mit einer so kurzen demokratischen Tradition wie der Deutschen Weimarer Republik möglich ist. Auch eine extreme politische Polarisierung reicht aus, um den demokratischen Konsens zu untergraben, dass Macht auf friedliche Weise durch demokratische Wahlen übertragen wird. Trump ist mehr Symptom als Ursache dieser Polarisierung. Mit dem ehemaligen Präsidenten vertreten die Hälfte der republikanischen Politiker und die meisten ihrer Wähler heute die Mär von der gestohlenen Wahl. Entsprechend wächst die politisch motivierte Gewalt. Laut einer neuen Umfrage des Institute of Politics der University of Chicago ist jeder Dritte der Meinung, es könnte bald notwendig sein, gegen die Regierung zu den Waffen zu greifen.

Midterms 2022 in den USA - Fotos: So wählen die Amerikaner
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So wählen die Amerikaner bei den Midterms 2022

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Foto: AFP/Jim Vondruska

Jetzt gibt es ein Hoffnungszeichen: Die amerikanischen Wähler haben die Umfragen widerlegt, die einen Erdrutschsieg der Republikaner ankündigten. Normalerweise gewinnt die jeweils oppositionelle Partei die „Midterms“. Diesmal nicht. Das liegt nicht an der Begeisterung für den altersschwachen Präsidenten Biden. Die Wähler wollten nicht, dass Vertreter der Trumpschen Wahllüge bei der nächsten Wahl als Gouverneure Einfluss auf das Ergebnis nehmen. Sie haben für die Verfassung und das System einer demokratischen Machtübertragung gestimmt. Die unterlegenen Kandidaten haben das begriffen: Neue Vorwürfe der Wahlfälschung wurden nicht erhoben.

Unsere Autorin ist Philosophie-Professorin an der Ruhr-Universität Bochum. Sie wechselt sich hier mit der Infektionsbiologin Gabriele Pradel ab.

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