Wissensdrang Numerus Clausus fürs Chemiestudium – die Hürden sind zu niedrig

Meinung · Dass viele Chemie-Studiengänge zulassungsfrei sind, ist kein Vorteil, wie die hohen Abbrecherquoten zeigen. Das liegt auch daran, dass im Chemieunterricht an Gymnasien oft wenig von dem vermittelt wird, was für das Studium notwendig ist. Was sich ändern muss.

Gefüllte Pipetten (Symbolbild)

Foto: dpa-tmn/Frank Rumpenhorst

Im Jahr 2023 erlangten rund 381.000 Schülerinnen und Schüler in Deutschland das Abitur oder die Fachhochschulreife. Von diesen entschieden sich etwa 2,1 Prozent für ein Studium der Chemie, Wirtschaftschemie, Biochemie oder Lebensmittelchemie. Mit etwa 1200 internationalen Studierenden ergibt das insgesamt etwa 9200 neue Chemiestudierende. Das Chemiestudium gliedert sich in der Regel in eine sechssemestrige Bachelor- und viersemestrige Masterphase. Im Durchschnitt werden diese Regelstudienzeiten nur um ein bis zwei Semester überschritten, doch die hohen Abbrecherquoten sind beunruhigend: Rund 60 Prozent der Chemiestudierenden hören vorzeitig auf, in der Biochemie sind es nur etwa 30 Prozent.

Dies lässt sich teils damit erklären, dass das Biochemiestudium mit einem Numerus clausus (NC) von durchschnittlich 1,8 zulassungsbeschränkt ist, während viele Chemiestudiengänge entweder zulassungsfrei oder mit einem NC von durchschnittlich 2,8 angeboten werden. Diese niedrigere Hürde ermöglicht es auch Abiturienten mit schwächeren Noten, ein Chemiestudium zu beginnen, aber viele scheitern an den hohen Anforderungen. Auch wird im Chemieunterricht an Gymnasien oft wenig von dem vermittelt, was für das Studium notwendig ist. Damit mehr junge Menschen ihr Studium erfolgreich beenden, sollten die Zulassungskriterien angepasst und Schülern Einblicke ins Studium angeboten werden.

Ein typischer Studientag umfasst Vorlesungen am Vormittag, Praktika am Nachmittag sowie die Bearbeitung von Laborprotokollen und Übungsaufgaben am Abend. Ist der Bachelorabschluss geschafft, streben über 95 Prozent der Studierenden einen Master und meist auch eine Promotion in Chemie oder Biochemie an. Letztendlich lohnt sich das anspruchsvolle, aber interessante Studium, denn die Absolventen finden schnell eine Anstellung, da die deutsche chemische Industrie (noch) zu der größten und innovativsten weltweit gehört.

Unsere Autorin ist Professorin für Biochemie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und arbeitet auch im Forschungszentrum Jülich. Sie wechselt sich hier mit der Philosophin Maria-Sibylla Lotter und der Pflanzenbiologin Petra Bauer ab.