Wissensdrang Können mRNA-Impfstoffe Krebs heilen?

Meinung · Zahlen belegen, dass viele von uns mRNA-Impfstoffe zur Grundimmunisierung gegen das Coronavirus erhalten haben. Nach dem selben Prinzip könnte man Tumorzellen bekämpfen. Doch es gibt mindestens ein Problem.

 Impfstoff von Moderna (l) und Biontech.

Impfstoff von Moderna (l) und Biontech.

Foto: dpa/Jan Woitas

Seit der Corona Pandemie sind mRNA-Impfstoffe in aller Munde. Dem Impfdashboards des Bundesministeriums für Gesundheit ist aktuell zu entnehmen, dass in Deutschland bis April 2023 rund 224 Millionen Impfdosen ausgeliefert worden sind. mRNA-Impfstoffe stellen dabei mit knapp 90 Prozent den Hauptanteil. Diese Zahlen belegen, dass viele von uns mRNA-Impfstoffe zur Grundimmunisierung gegen das Coronavirus erhalten haben.

Das Wirkprinzip von mRNA-Impfstoffen ist vergleichsweise einfach: Der Impfstoff enthält einen Nukleinsäureabschnitt (eine messenger Ribonukleinsäure, kurz mRNA) mit dem Bauplan für ein bestimmtes Protein. Bei der Coronaimpfung handelt es sich um das auf der Virusoberfläche vorhandene Spike-Protein. Mit einer Impfung wird die mRNA in die Körperzellen an der Einstichstelle transportiert, das Virusprotein wird dort produziert und anschließend dem menschlichen Immunsystem präsentiert. Als Folge beginnt unser Immunsystem, das körperfremde Protein zu bekämpfen.

Dasselbe Prinzip kann auch gegen Tumorzellen genutzt werden. Die Forschung hat damit bereits 1995 begonnen. Als Voraussetzung müssen zuvor Oberflächenmarker auf den Tumorzellen identifiziert werden, die auf gesunden Körperzellen nicht oder kaum vorkommen. Ein solches tumorspezifisches Antigen ist zum Beispiel das im schwarzen Hautkrebs (Melanom) vorkommende Enzym Tyrosinase, das auch für die dunkle Verfärbung der Krebszellen verantwortlich ist. Erhalten Krebspatienten einen Impfstoff gegen das Tumorantigen, so wird das Immunsystem darauf aufmerksam und beginnt, die Tumorzelle zu bekämpfen. Vorteile dieses Therapieansatzes liegen auf der Hand: Gesunde Körperzellen werden von der Therapie kaum betroffen und im Idealfall bildet der Körper eine dauerhafte Immunität aus. Doch Tumore verändern sich stetig. Ergebnisse aus klinischen Tests an Melanom zeigen, dass man mehrere mRNA Botenstoffe kombinieren muss, um alle Tumorzellen zu treffen. Auch ist die Impfung nur erfolgreich, wenn das Immunsystem effektiv arbeitet. Vermutlich muss eine Kombination mit weiteren Arzneistoffen erfolgen, um dies bei allen Patienten sicherzustellen.

Unsere Autorin ist Professorin für Pharmazeutische Biologie und Biotechnologie an der Heinrich Heine Universität Düsseldorf. Sie wechselt sich hier mit der Philosophin Maria-Sibylla Lotter und der Pflanzenbiologin Petra Bauer ab.

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