Christoph Ploenes Wenn eine Wunde nicht mehr heilen will

Gefäßspezialisten haben bei schlecht heilbaren Wunden häufig mit Venenerkrankungen zu tun.

Unser Leser Horst P. 60) schreibt: "Meine 58-jährige Frau klagt über eine Beinwunde, die seit Wochen nicht abheilen will. Deshalb will sie jetzt doch zu ihrem Arzt gehen. Was kann dahinter stecken?"

Christoph ploenes Normalerweise heilen durch Verletzung entstandene Hautwunden immer ab, wenn sie vor Verunreinigung geschützt werden. Wenn nicht, muss nach einem Hindernis der Wundheilung gesucht werden. Dies gilt auch für Wunden, die ohne äußerlich erkennbaren Anlass entstehen. Eine Wunde heilt nur ab, wenn die arterielle Blutversorgung der betroffenen Haut intakt ist, aber nicht bei einer ausgeprägten arteriellen Durchblutungsstörung, vor allem im Bereich von Bein und Fuß. Am häufigsten ist die Ursache eine Arteriosklerose der Beinarterien (periphere arterielle Verschlusskrankheit, PAVK). Nicht selten bemerkten die Betroffenen dann schon früher belastungsabhängige Schmerzen in Wade oder Oberschenkel während des Gehens, die bei einer kurzen Gehpause rasch abklangen ("Schaufensterkrankheit"). Tückischerweise entfällt dieses Warnsignal bei Diabetikern oft, da zusätzlich Störungen der Schmerzempfindung vorliegen. Auch der Wundschmerz kann daher ausbleiben, so dass Diabetiker eine am Fuß entstandene Wunde nicht selten erst sehr spät wahrnehmen, wenn sie sich durch Geruch, Eiterung oder Ausbreitung bemerkbar macht. Häufige Ursache einer Wundheilungsstörung ist eine Venenerkrankung mit Behinderung des Blutrücktransports, zum Beispiel bei ausgeprägtem Krampfaderleiden oder nach Beinvenenthrombose. Zunächst fällt oft eine Schwellung (Ödem) und Braunverfärbung der Haut meist im Knöchelbereich auf, verursacht durch den Blutstau. Typisch für diese Wunden ist deshalb, dass sie sich nach Bagatellverletzungen genau dort bilden und ohne Behandlung an Größe zunehmen. Bei – oft jüngeren – Rauchern können durch eine Entzündung der Bein- oder Armarterien Gefäßverschlüsse entstehen, so dass sich Wunden meist im Bereich der Hände und Füße bilden. Sie entstehen in diesem Fall meist nicht durch Verletzung, sondern aufgrund der schweren Durchblutungsstörung und gehen deshalb in der Regel mit stärksten Schmerzen einher. Die Ursache ist nicht geklärt und unabhängig von der Arteriosklerose-Krankheit. Da kleinere Arterien entzündlich betroffen sind, sind gefäßeröffnende Maßnahmen schwierig und andere Behandlungsansätze oft erforderlich. Auch bei Nichtrauchern kann es aus heiterem Himmel zu isolierten Verschlüssen der Finger- oder Zehenarterien kommen, mit spontan auftretender Verfärbung und ebenfalls sehr stark schmerzenden Wunden. Die Klärung und Behandlung der Ursachen sind besonders wichtig, um den Prozess zu stoppen und natürlich um weitere Schäden zu vermeiden. Zugrunde liegen kann eine Verschleppung (Embolie) von Blutgerinnseln aus dem Herzen oder vorgeschalteten Arterien. Eine Embolie von Cholesterinkristallen aus arteriosklerotischen Arterien ist ebenso möglich. Zu denken ist bei diesem Krankheitsbild auch an Systemerkrankungen des Körpers, die über Autoimmun-Mechanismen mit krankhafter lokaler Aktivierung der Blutgerinnung zum Verschluss kleinster Finger- oder Zehenarterien führt. Manchmal bleibt die Ursache unbekannt, und der klinische Verlauf bessert sich spontan. Meist bei älteren Patienten kann es zum plötzlichen Auftreten von mehreren Wunden gleichzeitig kommen, vor allem in abhängigen Körperpartien (meist Unterschenkel und Fuß). Häufig bilden sie sich auf der Basis von Hautausschlägen und neigen dazu, sich zu vergrößern. Sie wirken wie ausgestanzt und schmerzen in der Regel. Zugrunde liegt eine Entzündung der kleinsten Hautarterien und -venen (Vaskulitis). Eine allergische Auslösung ist häufig, seltener eine andere Systemerkrankung. Fazit: Die Behandlung schwer heilender Hautwunden muss immer die Ursache beseitigen – oft eine Gefäßerkrankung.

Christoph Ploenes ist Chefarzt für Angiologie am Gefäßzentrum des Dominikus-Krankenhauses in Düsseldorf.

(RP)
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