Astronomen werden nicht fündig Wo ist die mysteriöse Dunkle Materie?

Düsseldorf · Die bisher genaueste Untersuchung der Bewegungen von Sternen in der Milchstraße hat keinen Hinweis auf die Existenz so genannter Dunkler Materie in einem großen Raumbereich rund um die Sonne ergeben. Gängigen Theorien zufolge sollte es in unserer kosmischen Nachbarschaft beachtliche Mengen dieser rätselhaften und unsichtbaren Materie geben.

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Schwarze Löcher, ferne Galaxien, explodierende Sonnen

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Ein Team von Astronomen hat ein Teleskop am La Silla-Observatorium der Europäischen Südsternwarte (Eso) verwendet, um die Bewegungen von mehr als 400 Sternen in einer Entfernung von bis zu 13.000 Lichtjahren von der Sonne zu vermessen.

Auf Grundlage dieses Datensatzes berechneten die Astronomen dann die Gesamtmasse aller Materie in der Umgebung der Sonne.

"Die von uns gefundene Gesamtmasse entspricht sehr genau der Masse aller sichtbaren Materie - also von Sternen, Staub und Gas - in der Sonnenumgebung", erläutert Teamleiter Christian Moni Bidin. "Das lässt keinen Raum für zusätzliche Materie - die Dunkle Materie -, die wir eigentlich erwartet hätten."

Dunkle Materie ist eine geheimnisvolle Substanz, die nicht direkt zu sehen ist, sondern sich nur durch die Wirkung auf Materie in ihrer Nähe verrät.

Dieser zusätzliche Bestandteil des Kosmos wurde ursprünglich vorhergesagt, um zu erklären, warum sich die äußeren Bereiche der Galaxien - auch unserer Milchstraße - schneller als erwartet um die Galaxienzentren bewegen. Mittlerweile ist die Dunkle Materie darüber hinaus ein zentraler Bestandteil vieler Theorien zur Entstehung und Entwicklung der Galaxien.

Heute geht man allgemein davon aus, dass Dunkle Materie etwa 80 Prozent der gesamten Masse im Universum ausmacht — und das, obwohl diese Materieform bisher allen Anstrengungen, ihre genauen Eigenschaften aufzuklären, erfolgreich widerstanden hat.

Auch die diversen Versuche, Dunkle Materie auf der Erde im Labor nachzuweisen, haben bislang keinen definitiven Nachweis erbringen können.

Für die Studie, deren Ergebnisse hier vorgestellt werden, haben die beteiligten Astronomen die Bewegungen der Sterne sehr genau vermessen, wobei ihr besonderes Augenmerk weit von der Milchstraßenscheibe entfernten Sternen galt. So konnten die Forscher Rückschlüsse auf die insgesamt vorhandene Menge an Materie ziehen.

Die Bewegungen der Sterne werden von der kombinierten Schwereanziehung aller vorhandenen Materie bestimmt. Sterne tragen dazu ebenso bei wie die in der Dunklen Materie verborgenen Masse.

Den von Astronomen favorisierten Modellen der Entstehung und Rotation von Galaxien zufolge sollte die Milchstraße von einem Halo aus Dunkler Materie umgeben sein. Dessen genaue Form ist zwar beim jetzigen Forschungsstand noch nicht bekannt, aber man erwartet auch in der Sonnenumgebung nennenswerte Mengen an Dunkler Materie.

Der nun entdeckte Mangel an Dunkler Materie in unserer Nachbarschaft wäre nur durch eine sehr unwahrscheinliche Form des Halos zu erklären - wie zum Beispiel eine senkrecht zur Scheibe langgestreckte Struktur in Form eines Rugbyballs.

Den neuen Ergebnisse nach dürften wohl auch sämtliche Versuche, die Dunkle Materie hier auf der Erde durch die seltenen Wechselwirkungen zwischen Dunkler und normaler Materie nachzuweisen, nicht zum Erfolg führen.

"Trotz der neuen Resultate bleibt es eine Tatsache, dass die Milchstraße insgesamt viel schneller rotiert, als durch die normale Materie alleine erklärt werden kann. Wenn die Dunkle Materie also nicht dort gefunden wird, wo wir sie erwartet hätten, ist eine neue Lösung für das Problem der fehlenden Masse nötig", schließt Moni Bidin.

(csr)
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