Sonde beendet Tiefschlaf im All "Rosetta" wird nach 957 Tagen geweckt

Köln · Am Montag um Punkt 11 Uhr klingelt in der Raumsonde "Rosetta" der Wecker. Nach 957 Tagen "Winterschlaf" soll der unbemannte Kometenjäger der europäischen Weltraumagentur ESA in den Tiefen des Alls wieder zum Leben erwachen.

810 Millionen Kilometer von der Erde entfernt werden die Instrumente der Sonde schrittweise aktiviert, ehe "Rosetta" sich auf den letzten Abschnitt ihrer langen Reise macht: Nach mehr als zehn Jahren im All soll die Forschungssonde im Sommer ihr Ziel erreichen - den Kometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko.

Das "Aufwachen" von "Rosetta" ist ein Meilenstein für die gesamte Mission, die als eine der spektakulärsten Unternehmungen der europäischen Raumfahrt gilt. Die Sonde soll in eine Umlaufbahn um den Kometen einschwenken und später das Landegerät "Philae" auf dem Vier-Kilometer-Brocken aus Eis, gefrorenem Gas und Staub absetzen.

Beide Manöver hat es in der Geschichte der Forschungsflüge zu Kometen noch nicht gegeben. Damit sei die "Rosetta"-Mission "eine der bisher komplexesten und anspruchsvollsten überhaupt", beschrieb die ESA im Vorfeld ihren für Herbst geplanten "Ritt auf dem Kometen".

Der Komet Tschurjumov-Gerasimenko umkreist alle 6,45 Jahre einmal die Sonne und gilt wie seine unzähligen Artgenossen als Überbleibsel aus der Entstehungszeit des Sonnensystems von 4,6 Milliarden Jahren. Forscher glauben, dass ein Teil des Wassers auf der Erde von Kometen-Einschlägen stammt - und wahrscheinlich auch viele organische Moleküle, die eine Schlüsselrolle bei der Entstehung von Leben gespielt haben.

Kein Wunder, dass die Wissenschaftler einige brennende Fragen an Kometen haben. Wie sind ihre Kerne chemisch und mineralogisch zusammengesetzt? Welche thermischen, elektrischen und magnetischen Eigenschaften haben sie? Und wie genau entstehen die Gasschweife, die Kometen im Anflug auf die Sonne bilden? Fragen, die "Rosetta" und ihr Landegerät "Philae" beantworten sollen.

Schon 6,2 Milliarden Kilometer zurückgelegt

Seit ihrem Start am 2. März 2004 hat "Rosetta" 6,2 Milliarden Kilometer im All zurückgelegt. Dreimal holte sie auf ihrer Reise Schwung bei Umrundungen der Erde, einmal passierte sie den Mars, und zweimal begegnete sie kleinen Gesteinsbrocken, sogenannten Asteroiden. Im Juni 2011 wurde die Sonde schließlich aus Energiespargründen in eine "Tiefschlafphase" versetzt. Nach der automatisierten Aufwachsequenz am Montag soll sie weiter Kurs auf Tschurjumov-Gerasimenko halten und den Kometen im August erreichen.

Dann beginnt ein Serie von heiklen Manövern: Die vom ESA-Kontrollzentrum in Darmstadt gesteuerte Sonde soll in eine Umlaufbahn einschwenken und zunächst einmal die Oberfläche des Kometen kartieren. Im November soll dann der Lande-Roboter "Philae" auf der Kometenoberfläche aufsetzen - gesteuert vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) in Köln. Wenn "Philae" die Kometenoberfläche berührt, wird eine Harpune abgeschossen, die sich in den Boden bohrt - damit der Kometenlander nicht ins All zurückgeschleudert wird.

Während die "Rosetta"-Muttersonde den Kometen weiter umkreist, wird "Philae" den Kern von Tschurjumov-Gerasimenko untersuchen und erste Bohrungen vornehmen. Gemeinsam mit seinen irdischen Begleitern wird sich der Komet dann in den folgenden Monaten stetig der Sonne nähern, um im August 2015 seinen sonnennächsten Punkt zu erreichen. Dabei wird der Komet durch die Sonnenwärme nach und nach aktiv. Was genau dabei auf dem Schweifstern passiert, sollen die Messgeräte von "Rosetta" und "Philae" aufzeichnen.

Verläuft die "Rosetta"-Mission planmäßig, könnte sie einen Markstein in der Kometenforschung setzen. Wie übrigens ihre Namensgeberin in der Archäologie: Benannt ist die ESA-Sonde nach der ägyptischen Stadt Rashid (Rosetta). Dort wurde 1799 der berühmte Stein von Rosetta gefunden, dessen Inschriften zusammen mit denjenigen auf einem Obelisken aus der Stadt Philae die Entschlüsselung der altägyptischen Hieroglyphen ermöglichte.

(AFP)
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