Der erste deutsche Weltraum-Tourist Was will Zahnarzt Gal im All?

Ubstadt-Weiher · Eigentlich war es ein Zufall. Ein Mann, mit dem sich Zahnarzt Jos Gal in Berlin unterhielt, hatte noch ein Ticket fürs Weltall übrig. Gal griff zu und will 2014 der erste deutsche Weltraumtourist sein. Allerdings stehen noch andere in den Startlöchern.

Branson enthüllt das Weltraum-Taxi
11 Bilder

Branson enthüllt das Weltraum-Taxi

11 Bilder

Zahnarzt wollte er schon immer werden - aber Astronaut? Das hatte Jos Gal aus Baden-Württemberg nun wirklich nicht vor. Wenn er sich aber 2014 wie geplant mit dem raketenbetriebenen Flugzeug "Lynx" ins All bringen lässt, dann gilt er als Astronaut.

"Mit Diplom", sagt Gal und freut sich wie ein Kind. Und was aus seiner Sicht noch besser ist: Falls ihm die Unternehmerin Sonja Rohde aus dem nordrhein-westfälischen Hagen nicht zuvorkommt, wäre Gal der erste deutsche Weltraumtourist. "Der erste Zahnarzt bin ich auf jeden Fall", sagt der 39-Jährige aus Ubstadt-Weiher (Kreis Karlsruhe)

Der Entschluss zum Flug in über 100 Kilometer Höhe fasste er spontan: "Passt zu meiner Vita", sagt Gal. "Ich liebe Projekte, die nicht alltäglich sind." Als ihm die Karte angeboten wurde, überlegte er deshalb nicht lange. Und diese schnelle Entscheidung hat er auch nicht mehr bereut. "Ich habe gar keine Angst. Wenn der Start morgen wäre, würde ich mich auch freuen."

Dass es morgen nicht losgeht, ist sicher. Unsicher ist sogar, ob es wirklich 2014 in den Weltraum geht. Schließlich wurden auch die Starts des Konkurrenzprodukts "SpaceShipTwo", mit dem Unternehmerin Rohde fliegen will, mehrfach verschoben. Daran arbeitet die Firma Virgin Galactic von Milliardär Richard Branson schon seit 2004: Die Raumkapsel soll von einem Trägerflugzeug ins All gebracht und Weltraumtouristen befördern. Die Startbahn dafür ist seit 2010 fertig; Testflüge wurden bereits zahlreiche absolviert. Der erste Start mit Touristen - 380 wurden bislang auserkoren - ist jetzt für Ende des Jahres geplant.

"Virgin Galactic hat schon 2004 mit der Entwicklung angefangen", sagte Unternehmerin Rohde. "Dieser Vorsprung ist eigentlich kaum aufzuholen." Parallel dazu tüftelt inzwischen ein kalifornisches Konkurrenzunternehmen an der "Lynx". Für diesen Flieger sind bereits 100 Tickets verkauft - Testflüge mit einem Prototyp seien bereits gemacht worden, sagt Gal.

Vom Flieger selbst sind im Internet bislang nur Animationen zusehen. Auch andere Unternehmen wie Blue Origin vom Amazon-Gründer Jeff Bezos versuchen sich auf dem wahrscheinlich lukrativen Markt der Zukunft - mit so manchen Rückschlägen.

"Mal sehen, wer zuerst fertig ist", sagt Gal. An dem Flug gefällt ihm die Idee, allein mit dem Piloten im Flieger zu sein. Und nicht, wie bei der "SpaceShipTwo", "wie im Großraumtaxi zu sechst". Dafür muss er aber den Flug über angeschnallt sitzen bleiben und kann nicht schweben, wie die Touristen bei der Konkurrenz. Von seinem Abenteuer verspricht er sich, "dass es mein bisheriges buntes Leben ergänzt".

Weltraumtauglich ist, wer "gesund und einigermaßen sportlich" ist, sagt Gal. Das Unternehmen Space Experience Curacao (SXC), das die Flüge organisiert, verlangt zudem, dass die angehenden Weltraumbummler fünf Simulationen absolvieren und eine Astronauten-Schulung an verschiedenen Wochenenden durchlaufen.
Gestartet wird der etwa einstündige Flug auf der Insel Curaçao.

Anreisen will Gal, der noch keine Familie hat, mit seinem gesamten Praxisteam und Freunden. Seine Angehörigen sehen dem 95 000-Dollar-Abenteuer (etwa 71 000 Euro) gelassen entgegen. Und Gal selbst blickt schon mal in die Zukunft: "In etwa 20 Jahren werden Weltraumflüge für jedermann normal sein. Und ich kann meinen Kindern dann sagen: Der Papa war als einer der ersten dabei." Was er nach dem Flug machen wird, weiß er schon: "Erstmal einen Espresso trinken."

Hintergrund

Unternehmen auf der ganzen Welt basteln derzeit daran, die ersten kommerziellen und rein touristischen Weltraumflüge anzubieten. Hierfür entwickeln sie spezielle Flugzeuge, um ihre Kunden künftig mehrmals täglich ins All bringen zu können - zu einigermaßen erschwinglichen Preisen. Wer zuerst am Start sein wird, ist noch offen. Die technischen Hürden sind hoch.

Virgin Galactic will "SpaceShipTwo" ins All schicken. In dem 18 Meter langen Spezialflugzeug finden zwei Piloten und sechs Passagiere Platz. Ende des Jahres sollen sechs Menschen gleichzeitig zunächst von einem Trägerflugzeug in rund 15 Kilometer Höhe gebracht werden.

Danach koppelt sich das Raumflugzeug ab und steigt mit Raketenantrieb auf 110 Kilometer. Nach Unternehmensangaben wurden bislang 380 Menschen für das 200.000 Dollar (rund 150.000 Euro) teure Abenteuer ausgesucht.

Die Firma Xcor entwickelt derzeit das raketenbetriebene Flugzeug "Lynx", das 2014 erstmals einen Weltraumreisenden auf einer Höhe von etwa 100 Kilometern ins All bringen soll. Es hebt horizontal mit Raketenantrieb ab und steigt dann senkrecht nach oben. Im Gegensatz zur "Spaceshiptwo" hat darin nur ein Passagier Platz. Er wird den Flug über sitzen und keine Gelegenheit haben, die Schwerelosigkeit schwebend auszuprobieren.

Ebenfalls auf dem Markt tummeln sich Unternehmen wie Armadillo Aerospace, Blue Origin oder SpaceX. Der europäische EADS-Weltraumkonzern Astrium legte sein Projekt wegen Finanzproblemen vor drei Jahren erstmal auf Eis. Wer nun das Rennen macht und den ersten Flieger mit Weltraumtouristen losschickt, ist schwer einzuschätzen. Virgin Galactic allerdings hat bereits eine Startbahn eingeweiht und zahlreiche Testflüge absolviert.

Sieben Menschen - sechs Männer und eine Frau -, die bislang als zahlende Gäste im Weltraum waren, mussten für ihr Abenteuer Millionen berappen. Für ihren allerdings jeweils mehrtägigen Aufenthalt auf der Internationalen Raumstation ISS bezahlten sie zwischen 20 und 35 Millionen Dollar (15 bis 26 Millionen Euro). Als erster Weltraumtourist gilt Dennis Tito, der sich 2001 auf den Weg zur ISS machte und dort eine gute Woche verbrachte.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort