Erste Aufnahme von Schwarzem Loch Eine Silhouette der Dunkelheit

Düsseldorf · Zwei Jahre lang haben mehr als 200 Wissenschaftler die Daten von acht Radioteleskopen verteilt um den Globus ausgewertet. Am Ende stand die erste Aufnahme eines Schwarzen Lochs – mehr als 100 Jahre nachdem die Allgemeine Relativitätstheorie sie vorhergesagt hat.

Forscher zeigen Schwarzes Loch auf Foto
4 Bilder

Forscher zeigen erstmals Foto von schwarzem Loch

4 Bilder
Foto: eventhorizontelescope

Es sieht unspektakulär aus. Ein Ring, zwischen den Farben Orange und Rot, der am unteren Ende, in unserer Sichtrichtung, heller scheint als am oberen. In der Mitte sieht man: nichts. Eine dunkle Fläche, die aber dennoch etwas zeigt, was man bislang nur theoretisch berechnen konnte. Es ist die erste Aufnahme eines massiven Schwarzen Lochs, dessen Silhouette erkennbar wird – durch Materie, die mit Geschwindigkeiten nahe der des Lichts darum rotiert.

Das Bild stammt aus der Milchstraße M87 – die ihren Namen dem Messier-Katalog verdankt. 55 Millionen Lichtjahre von uns entfernt findet sich dort im Zentrum ein Schwerkraft-„Monster“, das die Masse von 6,5 Milliarden Sonnen hat. Der Durchmesser des Schwarzen Lochs scheint 100 Milliarden Kilometer zu betragen. Allerdings verformt es mit seiner Masse das Gefüge von Raum und Zeit. Und zwar dermaßen, dass bereits in seiner Nähe Licht auf eine verbogene Bahn gezwungen wird – die dann in dem Loch endet. So wirkt es größer als es tatsächlich mit „nur“ 40 Milliarden Kilometer ist. Das ist der Durchmesser des sogenannten Ereignishorizonts: Nichts, was diese Grenze überschreitet, kann der Schwerkraft entkommen – noch nicht einmal Licht mit einer Geschwindigkeit von knapp 300.000 Kilometer pro Sekunde.

Der Grund liegt in der gewaltigen Masse, die hinter dem Ereignishorizont auf einen minimalen Punkt konzentriert ist. Physiker sprechen von einer Singularität, die der Wissenschaftler Karl Schwarzschild 1916 aus der Allgemeinen Relativitätstheorie gefolgert hatte. Später dann ließen Daten und Messungen aus dem Zentrum unserer Milchstraße nur einen Schluss zu: Schwarze Löcher existieren wirklich. In den Zentren fast aller Galaxien. Nichts sonst könnte die Strahlung erklären, die dort freigesetzt wird – wenn Materie von der Schwerkraft eingefangen und auf eine spiralförmige Bahn gezwungen wird. Atome und Moleküle sammeln sich dort in einer sogenannten Akkretionsscheibe. Sie werden dabei auf nahezu Lichtgeschwindigkeit beschleunigt und setzen Energie frei – auch als Radiostrahlung.

Und eben die haben die Wissenschaftler untersucht. Mit acht Radioteleskopen weltweit, deren Daten gesammelt und ausgewertet wurden. Rechnerisch ergab sich so eine „Schüssel“ von der Größe der Erde. Mit einer Auflösung, die im Vergleich einen Tennisball auf dem Mond mit allen Details erfassen kann – so scharf, dass man eine Zeitung in New York bequem von Paris aus lesen könnte.

Aber nur dadurch liegt nun nach allen Folgerungen und Indizien zum ersten Mal tatsächlich die „Nahaufnahme“ eines Schwarzen Lochs vor – die zudem den Erwartungen aus der Allgemeinen Relativitätstheorie entspricht.

Das ist indes nur ein erster Erfolg. Im Fokus stand nicht nur M87. In den nächsten Wochen sollen auch Bilder aus dem Zentrum unserer Milchstraße folgen. Und es beginnt die Suche nach Antworten, die in den Daten entdeckt werden müssen: Sind massive Schwarze Löcher so „schwer“, weil sie aus der Verschmelzung mehrerer leichter entstanden sind? Oder haben sie schnell sehr viel Masse in sich gezogen und sind dadurch gewachsen? Warum wird in der Scheibe so viel Energie frei? Die simple Antwort Reibung erklärt es nicht ganz, weil die Atome und Moleküle in der Scheibe eigentlich immer noch zu weit entfernt dafür sind. Und woher stammen die Jets? Das Schwarze Loch im Zentrum von M87 wirft Masse aus: Gebündelt in einen engen „Strahl“, der Materie mit knapp Lichtgeschwindigkeit bis zu 5000 Lichtjahre hinaus schießt. Wie genau das passiert, können die neuen Beobachtungen vielleicht erklären.

Am Ende aber steht dahinter auch immer die Frage nach uns Menschen: Wie konnten sich Schwarze Löcher und Galaxien bilden? Und wie konnte sich innerhalb von 14 Milliarden Jahren nach dem Urknall aus Wasserstoff und Helium eine Spezies bilden, die Aufnahmen von Schwarzen Löchern macht – und die nach Antworten auf solche Fragen sucht?

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort