Nur für Männer Russland simuliert Flug zum Mars

Berlin/Moskau (rpo). Russland will noch nicht zum Mars fliegen. Das, was sich US-Präsident George W. Bush für seine potentielle nächste Kandidatur vorgenommen hat, wollen die Russen aber schon mal üben. 2006 soll die Flug-Simulation zum Mars im Norden Moskaus starten. Bewerben kann sich jeder, die Ausschreibung ist International. Allerdings: Frauen sind ausgeschlossen.

Das "Raumschiff" heißt EBK, der "Startplatz" ist ein Gebäudetrakt im Norden Moskaus. Hier, unweit der Ausfallstraße zum Flughafen Scheremetjewo 2, soll 2006 in einem Experimentellen Bodenkomplex (EBK) der erste Menschenflug zum Mars simuliert werden.

Völlig von der Außenwelt abgeschnitten werden sich sechs Freiwillige auf die 500-Tage-Reise machen: ein Raumschiffkommandant, ein Pilot, ein Bordingenieur, zwei Forscher und ein Arzt. Bewerben kann sich jeder, die Ausschreibung ist international. Doch heute ist schon klar, dass Frauen keine Chance haben. Die russischen Spezialisten befürchten, mit ihnen nicht näher benannte "Probleme" zu bekommen.

Im Oktober sollen die Bewerbungskriterien stehen. Dann kann die Auswahl beginnen. Unabdingbare Grundvoraussetzungen sind eine Hochschulausbildung, die Beherrschung der englischen Sprache und profunde Computerkenntnisse. Gute Chancen können sich Biologen, Ärzte, Programmierer und Ingenieure für Lebenserhaltungssysteme ausrechnen. Natürlich müssen alle Kandidaten rundum gesund sein.

Das Argument des amtierenden Direktors des federführenden Moskauer Instituts für Medizinisch-Biologische Probleme (IMBP), Wiktor Baranow, gegen Frauen klingt eher wie eine Ausrede: "Wir zweifeln nicht daran, dass wir auch unter den Frauen hochqualifizierte Spezialisten finden. Aber das Experiment ist ohnehin schwierig genug, und in gemischten Besatzungen tauchen eine Menge Probleme auf. Deshalb haben wir uns für eine rein männliche Besatzung entschlossen, zumal die Frauen ja auch familiär stärker belastet sind..."

Diese Einstellung, international unter Experten höchst umstritten, ist das Credo der Leiteinrichtung der russischen Raumfahrtmedizin. Im Juni erst hatte Kosmonauten-Arzt Waleri Poljakow, mit 438 Tagen Langzeitflugweltrekordler, auf einem internationalen Symposium in Moskau mit einer ähnlichen Ankündigung überrascht. Der ersten bemannten Mars-Expedition dürften "nur ältere Männer mit großen Lebens- und Berufserfahrungen und einer gehörigen Portion Humor angehören", sagte Poljakow in seiner Eigenschaft als IMBP-Vizedirektor.

Er begründete seine Haltung mit den Worten: "Der Flug wird sich zweifellos auf die Gesundheit und die Lebenserwartung der Besatzung auswirken. Deshalb müssen sozial abgesicherte Menschen fliegen, die nichts zu verlieren haben."

Wer immer schließlich die sechs Männer sind, die virtuell zum Roten Planeten aufbrechen, ihnen steht ein großes Abenteuer bevor. Sie bekommen in ihrer hermetisch abgeschlossenen Experimentieranlage, die respektlos "Tonne" genannt wird, drei Tonnen Wasser und fünf Tonnen Lebensmittel mit auf den Weg. Zusätzlich werden Wasser und Sauerstoff zum Atmen aus den Abfällen ihrer Lebenstätigkeit generiert. Alle Besatzungsmitglieder absolvieren ein spezielles Training für Notfallsituationen. Bei Krankheit muss der Bordarzt eingreifen.

Als Grund für einen "Ausstieg" aus dem Experiment, der ja bei einem richtigen Flug zum Mars nicht möglich wäre, lassen die russischen Experimentatoren lediglich eine "schwere Erkrankung und psychologischen Stress" gelten.

(afp)
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