Landegerät der "Rosetta"-Sonde "Philae" ist im All aus langem Winterschlaf erwacht

Köln · Gut zwei Monate nach dem "Aufwachen" der europäischen Kometensonde "Rosetta" im All haben deutsche Forscher auch deren Landegerät "Philae" wieder in Betrieb genommen.

Großer Beifall am Freitag im Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt(DLR) in Köln: Nach mehr als zweieinhalb Jahren im Winterschlaf und gut zwei Monate nach dem "Aufwachen" der "Rosetta"-Kometensonde im All sendet auch deren Lande-Roboter "Philae" seit Freitag wieder Daten zur Erde. "Ja, wir haben Daten empfangen", bestätigte eine DLR-Missionsforscherin kurz nach 15.30 Uhr am Freitagnachmittag - was bedeutete, dass der Lander auf den Aktivierungsbefehl von der Erde geantwortet hatte. "Alles hat problemlos funktioniert. Wir sind wirklich sehr, sehr zufrieden."

Das unter der Leitung des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) entwickelte und gebaute Landegerät soll nun im November in mehr als 800 Millionen Kilometern Entfernung von der Erde auf "Rosettas" Zielkometen 67P/Tschurjumov-Gerasimenko aufsetzen. Gesteuert und betrieben wird der kühlschrankgroße Lander vom Kontrollraum des DLR-Nutzerzentrums für Weltraumexperimente in Köln.

Der "Rosetta"-Kometenjäger mit "Philae" an Bord war am 20. Januar planmäßig aus einem zweieinhalbjährigen Winterschlaf erwacht, in den er aus Energiespargründen versetzt worden war. Die 2004 gestartete "Rosetta"-Mission ist eine der ehrgeizigsten Unternehmungen in der Geschichte der europäischen Weltraumagentur ESA. Sie soll den Forschern Aufschlüsse über die Zusammensetzung von Kometen liefern.

Diese Brocken aus Eis, gefrorenem Gas und Staub gelten als Überbleibsel bei der Entstehung unseres Sonnensystems vor 4,6 Milliarden Jahren. Ein Teil des Wassers auf der Erde könnte von Kometeneinschlägen stammen - damit könnten die kosmischen Brocken eine Schlüsselrolle bei der Entstehung des Lebens auf unserem Planeten gespielt haben.

Um Tschurjumov-Gerasimenko zu erforschen, soll "Rosetta" im Sommer in eine Umlaufbahn um den von Wissenschaftlern liebevoll Tschuri getauften Himmelskörper einschwenken und dann im Herbst "Philae" auf dem Vier-Kilometer-Brocken absetzen. Beide Manöver hat es in der Geschichte der Forschungsflüge zu Kometen noch nicht gegeben. "Es ist das erste Mal, das wir so etwas tun", betonte der Flugleiter der "Rosetta"-Mission, Andrea Accomazzo, schon vor dem Aufwachen von "Rosetta". "Die Bedingungen dort sind vollkommen unbekannt."

Gemeinsam mit "Philae" auf seiner Oberfläche und der "Rosetta"-Muttersonde im Orbit wird sich der Komet dann in den folgenden Monaten stetig weiter der Sonne nähern. Spätestens dann wird Tschuri durch die Sonnenstrahlung die für Kometen charakteristische Staubhülle und den Schweif ausbilden. Was genau dabei auf dem Schweifstern passiert, werden demnächst die Messgeräte von "Rosetta" und "Philae" aufzeichnen.

Um das Landegerät nach dem langen Winterschlaf von "Rosetta" wieder einzuschalten, wurde am Freitag eine Aktivierungssoftware zur Sonde geschickt - zu einem Zeitpunkt, als "Rosetta" und damit "Philae" genau 655.629.803 Kilometer von der Erde entfernt waren. Bei der erfolgreichen Aktivierung von "Philae" betrug die Entfernung der Sonde zu Tschuri noch exakt 3.846.768 Kilometer.

"Philae" verfügt über insgesamt zehn Instrumente, von denen sich die Wissenschaftler tiefe Einblicke in die Beschaffenheit von Kometen erhoffen. Zur Ausstattung des Minilabors gehört auch ein Bohrer, mit dem "Philae" mehr als 20 Zentimeter in den Kern von Tschuri vordringen und dort Proben entnehmen kann. Diese Proben soll der Hightech-Lander dann in seinem Bordlabor analysieren.

Zuvor allerdings muss "Philae" sicher auf der unwirtlichen Kometenoberfläche aufsetzen - und der erste Landeversuch auf einem solchen Himmelskörper überhaupt gilt als durchaus heikel: Wegen der verschwindend geringen Schwerkraft auf Tschuri muss sich "Philae" mit Eisschrauben und zwei Harpunen festzurren. Anderenfalls wäre die Mission des Landers schon nach dem ersten Kontakt mit dem Kometen erstmal wieder beendet - er würde ins All zurückgestoßen. Denn auf der Erde wiegt "Philae" zwar stolze 100 Kilo - auf Tschuri aber nur vier Gramm.

(AFP)
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