Mars-"Flussbetten" durch Schneeschmelze entstanden? Neue Theorie postuliert

Düsseldorf (rpo). Seit der Entdeckung der ausgetrockneten Flussbetten auf dem Planeten Mars spekulieren Wissenschaftler über ihre Entstehungsursachen. Jetzt deuten neue Bilder der NASA-Marssonde Odyssey darauf hin, dass vielleicht nicht, wie bisher angenommen, Wasser aus unterirdischen Quellen oder unter hohem Druck stehende Wasserfluten die Schluchten und Kanäle geschaffen haben könnten, sondern vielmehr geschmolzener Schnee.

Nach Ansicht von Philip Christensen, verantwortlich für das Kamerasystem der Odysseysonde, sind die Kanäle durch Schmelzwasser ausgewaschen worden, das an der Unterseite von Schneedecken abgetaut und so in flüssigen Zustand übergegangen sei. Durch die Schneebedeckung wäre es vor einer schnellen Verdunstung in der dünnen Atmosphäre des Planeten geschützt und könnte daher lange genug flüssig bleiben, um sich in den Untergrund einzugraben.

Bei der Betrachtung einer Aufnahme eines Einschlagskraters in den gemäßigten Breiten der Marssüdhalbkugel fielen Christensen erodierte Kanäle an der kalten, polwärts gelegenen Nordwand des Kraters auf. Sie legen unmittelbar neben einem Gebiet, das der Wissenschaftler als "angeklebtes Terrain" bezeichnet, ein nur in extrem kalten, geschützen Gebieten vorkommende Landschaftsform, die durch leicht verdampfende Materialien - wahrscheinlich Schnee - charakterisiert ist.

Christensen vermutete einen Zusammenhang zwischen beiden Geländeformen: "Ich sah das und sagte 'aha!' Es sieht ganz so aus, als wenn die Schluchten freigelegt werden, wenn das flüchtige Material des "angeklebten Terrains" sich durch Schmelzen und Verdampfen zurückzieht."

"Die Kanäle sind sehr jung", erklärt Christensen. "Das hat mich immer irritiert. Denn wie kann es sein, dass dafür Grundwasser so dicht unter der Oberfläche liegt, aber dennoch Milliarden Jahre erhalten geblieben ist? Und zum Zweiten finden sich diese Kanäle bis dicht unter den Kraterrand. Für eine leckende unterirdische Wasserader als Quelle sehr dicht unter der Oberfläche. Und, schließlich, warum finden sich diese Kanäle vor allem auf der kältesten Seite der Hänge? Wenn schmelzendes Grundwasser die Ursache wäre, ist ein kalter Hang der unwahrscheinlichste Ort dafür."

Im Gegensatz dazu beantwortet nach Christensens Ansicht die Hypothese von einer Wassererosion unter schmelzenden Schneedecken die meisten dieser offenen Fragen. "Schnee auf dem Mars sammelt sich am ehesten an den polwärts geneigten hängen, den kältesten Bereichen. Es akkumuliert in diesen Gebieten während einer kalten klimatischen Periode und schmilzt dann während einer wärmeren. Die Schmelze beginnt zuerst in den freiliegenden Bereichen auf dem Kamm solcher Schneeflächen, dies erklärt auch, warum die Kanäle so weit oben an den Hängen beginnen."

Nachdem der Wissenschaftler einmal auf diese mögliche Entstehungsursache aufmerksam geworden war, entdeckte er auch in anderen Aufnahmen der Marsoberfläche eine enge räumliche Beziehung zwischen den "angeklebten" Schneedecken und den "Flussbetten". Doch vor allem die hochaufgelösten Bilder der Mars Odyssey-Kamera scheinen nun diese Hypothese weiter zu untermauern.

Quelle: g-o.de

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