Dart-Mission Ein Test, um die Welt zu retten

Es ist ein historischer Moment: Am 27. September soll eine Sonde auf einem Asteroiden einschlagen, um seine Bahn zu verändern. Es wird der erste Test dieser Art sein. Für den Fall, dass ein Himmelskörper auf Kollisionskurs mit der Erde ist. Diese Gefahr besteht bei dem Versuch nicht.

 Die Illustration zeigt Dart beim Anflug auf den Asteroiden Dimorphos.

Die Illustration zeigt Dart beim Anflug auf den Asteroiden Dimorphos.

Foto: NASA/Johns Hopkins APL

Elf Monate war „Dart“ unterwegs. Eine unscheinbare, kleine Sonde der US-Weltraumbehörde Nasa, die vielleicht so groß wie zwei Kühlschränke ist. Und doch wird sie möglicherweise der Schlüssel sein, um in Zukunft Tausende zu retten. Dart wird am 27. September um 1.14 Uhr nachts unserer Zeit mit einem Asteroiden zusammenstoßen – um seine Bahn ein wenig zu verändern. Es ist der erste Test dieser Art. Und bei einem Erfolg wäre eine solche gezielte Kollision unser bester Weg, um einen Himmelskörper abzulenken, der sonst auf der Erde mit katastrophalen Folgen einschlagen würde.

Bei dem Ziel von „Dart“ indes besteht diese Gefahr nicht. Es handelt sich um einen 160 Meter großen Asteroiden mit dem Namen Dimorphos. Seine Masse beträgt grob geschätzt fünf Millionen Tonnen. Sehr viel mehr weiß man indes nicht über ihn – außer dass er an sich nur der „Mond“ eines noch größeren Asteroiden ist: der 780 Meter durchmessende Didymos. Den umkreist er in elf Stunden und 55 Minuten. Aber genau darum ist er ein perfektes Ziel für den Test. Sollte der Einschlag Erfolg haben, müsste sich diese Umlaufzeit ein wenig verkürzen – was sich von der Erde leicht messen lässt.

Darum werden Teleskope auf der ganzen Welt und auch im Weltraum ihren Blick auf Didymos und Dimorphos richten. Wenn elf Millionen Kilometer von der Erde entfernt der 570 Kilogramm schwere Dart mit 6,1 Kilometer pro Sekunde (knapp 22.000 km/h) einschlägt. Auf seinen letzten Metern indes und eine Stunde vor der Kollision muss die kleine Sonde ihr Ziel selbstständig finden. Dafür wurde ein neues Kamera-Navigationssystem entwickelt, das erstmals getestet wird. Das aber erlaubt es Menschen weltweit zeitgleich mit den Wissenschaftlern bei dem Versuch dabei zu sein. Sein Anflug und der Einschlag werden im Internet live übertragen – mit etwa einem Bild pro Sekunde.

Die Grafik zeigt die Dart-Mission.

Die Grafik zeigt die Dart-Mission.

Foto: NASA/Johns Hopkins APL

Aber Dart wird auch aus nächster Nähe beobachtet. An Bord befindet sich ein nur 14 Kilogramm schwerer italienischer Mini-Satellit (LiciaCube), der Mitte September abgekoppelt worden ist. Er wird den Einschlag aus nur 100 Kilometern Entfernung verfolgen und sich drei Minuten danach Dimorphos bis auf unter 60 Kilometern genährt haben. Das ist der Sicherheitsabstand, weil man nicht genau weiß, woraus der Asteroid besteht. Ist er hart wie Granit oder so nachgiebig wie Sand? Wie viel und wie weit wird Material bei dem Einschlag ausgeworfen? Diese Daten wird der italienische Satellit zur Erde senden.

Nach wenigen Tagen, vielleicht sogar Wochen sollte man dann wissen, wie weit Dart die Bahn des Asteroiden beeinflusst hat. Sollte es indes Monate dauern, war der Effekt zu gering. Aber auch das werden wichtige Erfahrungen sein für zukünftige Versuche dieser Art. Detaillierte Erkenntnisse über die Kollision wird man indes erst 2027 erhalten. Die europäische Weltraumorganisation Esa startet 2024 mit der Sonde Hera zu Didymos und Dimorphos. Fünf Jahre nach dem Einschlag soll sie dann den Krater untersuchen, den Dart hinterlassen hat. Wie groß ist er? Wie hat er sich geformt? Daraus lassen sich neue Modelle zu Kraterentstehung ableiten. Schließlich weiß man genau, was dort mit welcher Geschwindigkeit und Masse eingeschlagen ist. Zudem werden weitere Daten zur Zusammensetzung der beiden Asteroiden gesammelt. Dabei wird Hera unterstützt von den Mini-Satelliten Milani, benannt nach dem italienischen Astronomen Andreas Milani Comparetti, und Juventas – nach der Tochter der Göttin Hera.

Aus den Beobachtungen lassen sich dann weitere Rückschlüsse ziehen, wie man die Bahn von Asteroiden ablenken kann – falls die Gefahr eines Einschlages auf der Erde bestehen würde. Anders als in Filmen wie „Armageddon“ wären Atombomben nicht hilfreich. Selbst wenn sie einen Effekt hätten, würde eine Sprengung aus einem großen Problem viele kleinere Katastrophen machen. Nach Angaben der US-Weltraumbehörde Nasa kennt man indes die größten Bedrohungen bereits, die bei einem Einschlag die gesamte Menschheit auslöschen würden wie vor 66 Millionen Jahren die Dinosaurier. Tatsächlich sind alle erdnahen Himmelskörper erfasst, die größer als 10.000 Meter sind und 95 Prozent aller Asteroiden und Kometen größer als 1000 Meter.

Ab 2027 wird die europäische Sonde Hera Dimorphos und Didymos fünf Jahre nach dem Einschlag zusammen mit zwei Minisatelliten untersuchen.

Ab 2027 wird die europäische Sonde Hera Dimorphos und Didymos fünf Jahre nach dem Einschlag zusammen mit zwei Minisatelliten untersuchen.

Foto: ESA/Science Office

Die Gefahr geht indes von einer anderen Klasse um die 140 Meter aus. Davon soll es nach Schätzungen der Nasa rund 25.000 in Erdnähe geben – aber nur knapp 40 Prozent wurden bislang katalogisiert. Bei einer Kollision würden sie ein bis zwei Kilometer durchmessende Krater hinterlassen und je nach Einschlagsort wie beispielsweise einer Metropolregion in einer verheerenden Katastrophe münden und Zehntausende Leben kosten. Und wie gefährlich schon kleinere Himmelskörper sein können, zeigte im Februar 2013 das Ereignis von Tscheljabinsk in Russland. Damals explodierte ein nur 18 Meter großer Asteroid in der Atmosphäre. 1600 Menschen wurden verletzt und es entstand ein Schaden von umgerechnet 30 Millionen Euro.

Hier lässt sich der Einschlag in der Nacht von Montag auf Dienstag gegen 1.10 Uhr live verfolgen.

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