Phänomen am Abendhimmel Feuerkugel über Deutschland war wohl Asteroidenfragment

Düsseldorf · Am Samstagabend häuften sich im Netz die Meldungen über die Sichtung einer Feuerkugel über Deutschland. Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt bestätigt die Sichtung. Und hat am Sonntag eine erste Erklärung bekanntgegeben.

 RP-Leser Chris Kress stellte uns das Foto, das den Feuerball am Himmel zeigt, zur Verfügung.

RP-Leser Chris Kress stellte uns das Foto, das den Feuerball am Himmel zeigt, zur Verfügung.

Foto: Kress

Zahlreiche Menschen haben am Samstagabend beobachtet, wie eine Feuerkugel über die Mitte Deutschlands hinwegzog. „Wir hatten innerhalb weniger Stunden etwa 90 Eingänge auf unserer Meldeadresse“, bestätigte Jürgen Oberst vom Feuerkugelnetz am Sonntag. Das ist ein Gemeinschaftsprojekt des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) sowie der Technischen Universität (TU) Berlin. „Die Meldungen beziehen sich alle auf ein Event um etwa 18.40 Uhr, und die meisten Meldungen kommen aus dem Raum Köln-Frankfurt-Stuttgart.“

„Höchstwahrscheinlich ist es ein Asteroidenfragment gewesen, das in die Atmosphäre eingetreten ist“, erklärte der technische Leiter des DLR-Feuerkugelnetzes, Dieter Heinlein. Der recht große Brocken sei gegen 18.41 Uhr von Ost nach West etwa über Kassel hinweg geflogen. Die genaue Größe sei noch unbekannt.

Ein Beobachter aus Siegen berichtete laut Oberst von einem am Himmel entlangziehenden hellen Strahl, der in eine grüne jadeähnliche Farbe übergegangen sei. Der größte Teil sei anscheinend zerbrochen, und es seien zwei kleinere hell leuchtende Kugeln abgegangen. Die Dauer der Sichtung habe höchstens fünf bis sieben Sekunden betragen.

„Dass man ein so großes Ding sieht, das ist schon etwas Besonderes“, sagte Katrin Fortak, Diplom-Physikerin und Erste Vorsitzende des Vereins Sternwarte Neanderhöhe Hochdahl unserer Redaktion. Sie selbst habe die seltene Flugschau am Samstagabend allerdings verpasst. Grundsätzlich sei es aber alltäglich, dass kleinere Gesteinsbrocken aus dem All auf die Erde niederprasseln. „Unser Planet ist sozusagen einem permanenten Bombardement ausgesetzt“, erklärt Fortak. Die allermeisten dieser winzigen Steinchen verglühen jedoch sofort und sind allenfalls für Sekundenbruchteile als Sternschnuppen zu sehen. Erst ab einer bestimmten Größe werden sie zu einer für längere Zeit und mit dem bloßen Auge erkennbaren Feuerkugel.

„Sehr heller Feuerball von Düsseldorf-Ludenberg Richtung Mettmann. Ist dann in mehrere Teile zerfallen. Uhrzeit 18:40h“, schrieb ein Himmelsbeobachter unserer Redaktion.

Aber auch im Norden Deutschlands war die Himmelserscheinung zu beobachten. „Sichtung eines von West nach Ost fliegenden hellen Objekts mit grünem Schweif. Schweif 3-4x so groß wie das Objekt, mit Ablösung kleinerer Bestandteile“, schrieb ein Mann aus Schleswig-Holstein auf einer Seite der Sternwarte Gahberg (Österreich).

Und eine Leserin schreibt uns: „Ich fuhr auf der A7 von Schleswig Richtung Hamburg. Direkt vor mir flog der Meteorit - zuerst gelb dann blau und grün. Ein Leuchten von rechts nach links fast waagerecht am Himmel. Rund 4-5 Sekunden lang sichtbar.“

Das DLR unterscheidet Sternschnuppen mit einer Leuchtdauer von weniger als einer Sekunde und Feuerkugeln. „Eine Feuerkugel hat eine Leuchtdauer von vielleicht 5 Sekunden, selten sind es mehr.“ Mitunter scheinen sie am Ende ihrer Bahn zu zerplatzen oder die Farbe zu ändern.

Dass Meteore überhaupt zu sehen sind, liegt daran, dass sie mit einer sehr hohen Geschwindigkeit in die Erdatmosphäre eindringen, sagte Fortak unserer Redaktion. Bei den Perseiden, einem jährlich auftretenden Meteorstrom, sind es unvorstellbare 67 Kilometer je Sekunde. Durch die Reibung entsteht Hitze, die Brocken fangen an zu glühen und verbrennen. Solche Sternschnuppen sind meist nur für eine halbe bis eine Sekunde lang zu sehen. Die Leuchterscheinung in Form eines hellen Luftschlauchs wird dabei Meteor genannt, das Teilchen, das sie verursacht, Meteorid, und die Reste, die bei größeren Steinen auf die Erde fallen, heißen Meteoriten. „Diese außerirdischen Brocken sind oft sehr eisenhaltig, weshalb man sie mit Metalldetektoren aufspüren kann“, sagt Fortak.

Alljährlich im August sind besonders viele Sternschnuppen zu beobachten, nämlich dann, wenn die Erde den Perseidenstrom kreuzt, ein besonders dichtes Feld aus Meteoren. Solche Meteorströme entstehen aus Kometen, die um die Sonne kreisen und dabei Materie verlieren. Diese verteilt sich entlang der Umlaufbahn und bildet irgendwann einen Strom aus kleinsten Teilchen. Kreuzt wiederum die Erde auf ihrer Reise um die Sonne einen solchen Bereich, geraten einige der Kometenteilchen in die Atmosphäre und werden zu Meteoren.

In manchen Augustnächten, vor allem um den 11. und 12., sind dann bei klarem Himmel rund 150 bis 200 Sternschnuppen auszumachen – pro Stunde. Bekannt ist auch der Meteorstrom der Leoniden, der aber nur alle 33 Jahre zu besonders vielen Sternschnuppen führt.

Der weitaus überwiegende Teil dieser Naturschauspiele sind einfach nur schön anzusehen, aber für den Menschen völlig ungefährlich. Erst wenn die Brocken aus dem All eine gewisse Größe erreichen, explodieren und möglicherweise tonnenschwere Trümmer auf die Erdoberfläche fallen, kann es zu Zerstörungen kommen. So schlugen 2013 nahe der russischen Stadt Tscheljabinsk Teile eines Asteroiden ein, die Druckwelle beschädigte 7000 Häuser, 1500 Menschen wurden verletzt. Und 2018 verglühte südlich von Moskau ein vier Meter großer Asteroid in der Atmosphäre, die Detonation entsprach einer Sprengkraft von 2,8 Kilotonnen. „So etwas passiert aber nur sehr selten“, beruhigt Fortak.

(mja/felt/jis/dpa)
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