Nasa-Studie Der Mars wird keine zweite Erde

Boulder · Können wir aus dem Mars eine zweite Erde machen? Die US-Weltraumbehörde Nasa hat in einer neuen Studie diese Frage untersucht. Das Ergebnis ist ernüchternd: Uns fehlt die Technologie dafür. Der US-Milliardär Elon Musk will das nicht akzeptieren.

Vor mehr als vier Milliarden Jahren war der Mars vermutlich ein warmer Planet mit Flüssen, Seen und Ozeanen. (Animation)

Vor mehr als vier Milliarden Jahren war der Mars vermutlich ein warmer Planet mit Flüssen, Seen und Ozeanen. (Animation)

Foto: Nasa

Der Erfinder, Nerd, Milliardär, Tesla- und SpaceX-Begründer Elon Musk hat einen großen Traum: Die Menschheit bricht zum Mars auf und besiedelt unseren zwischen 55 und 400 Millionen Kilometer entfernten Nachbarplaneten. Die Sache hat nur einen Haken: Unser Nachbarplanet ist auf den ersten Blick eine trockene, kalte Wüste. Die Atmosphäre ist zu dünn, um flüssiges Wasser auf der Oberfläche zu erlauben – geschweige denn um für angenehme Temperaturen zu sorgen. An heißen Mars-Sommertagen kann man zwar am Äquator mehr als 20 Grad Celsius messen. Nachts aber fallen die Temperaturen dann schnell. Auf Werte, die selbst sibirische Winter noch warm erscheinen lassen. An den Polen sind sogar 130 Grad unter Null möglich.

Die Frage ist, wie wir das ändern können? Und in Science-Fiction-Romanen oder –Filmen ist die Lösung einfach: Terraforming. Dahinter verbergen sich diverse technische Verfahren, um aus einer fremden Welt eine neue, erdähnliche Heimat für Menschen zu schaffen. Die US-Weltraumbehörde Nasa hat das nun mit Blick auf unseren roten Nachbarplaneten untersuchen lassen: Der Wissenschaftler Bruce Jakosky von der Universität von Colorado in Boulder war bereits an der Entwicklung mehrerer Mars-Sonden und der Auswertung ihrer Daten beteiligt. Sein Team hat nun die Möglichkeiten geprüft, um aus dem Mars eine zweite Erde zu machen.

Tatsächlich könnte man das erreichen, wenn man den Treibhaus-Effekt nutzt und so für höhere Temperaturen sorgt. Dafür müssten klimawirksame Gase auf dem Mars freigesetzt werden – wie Kohlendioxid oder auch Wasserdampf. Tatsächlich sind das „die einzigen Gase, die wahrscheinlich in ausreichender Menge auf dem Mars vorhanden sind, um für einen Treibhaus-Effekt zu sorgen“, sagt der Co-Autor der Studie, Christopher Edwards von der Northern Arizona Universität.

Die Atmosphäre unseres Nachbarplaneten besteht bereits hauptsächlich aus dem Klima-Gas Kohlendioxid. Der Druck aber beträgt nur etwa 0,6 Prozent dessen, was wir auf der Erdoberfläche messen. Die Atmosphäre ist also viel zu dünn, um über den Treibhaus-Effekt für ausreichende Temperaturen zu sorgen – die dann wiederum flüssiges Wasser auf der Oberfläche erlauben würden. Dafür müsste es mehr Kohlendioxid geben. So viel mehr, dass aus derzeit 0,6 Prozent des „Erdluftdrucks“ 100 Prozent werden.

Und mehr Kohlendioxid findet sich im Trockeneis der Polarkappen auf dem Mars. Die Wissenschaftler haben die Daten diverser Sonden ausgewertet. Man könnte Staub auf den Polarkappen verstreuen, der sich erwärmt, oder Sprengstoff einsetzen, um das gefrorene Kohlendioxid dort freizusetzen. Der Effekt wäre aber überschaubar: Der Atmosphärendruck würde sich so maximal verdoppeln – auf 1,2 Prozent des „Erddrucks“. Das würde nicht reichen.

Nun findet sich Kohlendioxid auch im Staub der Marsoberfläche. Würde man den erhitzen, könnte das Treibhausgas ebenfalls freigesetzt werden. Das würde maximal weitere vier Prozentpunkte bringen. Allerdings müsste man dafür fast die gesamte Oberfläche umgraben – bis in eine Tiefe von etwa 100 Metern. Der Vorteil: So würden auch noch Mineral-Ablagerung unter der Oberfläche in Betracht kommen. Doch abgesehen von dem Aufwand reicht das nicht aus, um die Atmosphäre mit Treibhausgasen anzureichern. Maximal lassen sie nach derzeitigem Wissensstand sieben Prozent des erforderlichen Drucks auf der Mars-Oberfläche erreichen. „Es gibt vermutlich nicht genug Kohlendioxid auf dem Mars, um für einen signifikanten Treibhaus-Effekt zu sorgen“, schreibt Jakosky. Zudem sei das meiste Kohlendioxid nicht leicht zugänglich und könne nicht einfach freigesetzt werden. „Mit unserer derzeitigen Technologie ist ein Terraforming des Mars nicht möglich.“

Und jede weitere Option rückt noch mehr von einer realistischen Umsetzung ab: Tief in der Kruste des Mars ließe sich vielleicht noch mehr Kohlendioxid finden. Dafür gibt es aber bislang noch keine Beweise in den Daten. Und selbst wenn, müsste das Gestein auf mehr als 300 Grad Celsius erhitzt werden – damit das Kohlendioxid ausgast. Wie das indes mit unserer Technologie passieren soll, lässt sich leicht beantworten: gar nicht. Aber die Wissenschaftler haben noch weitere Möglichkeiten untersucht. Wasserdampf beispielsweise ist eins sehr viel wirksameres Klima-Gas als Kohlendioxid. Und flüssiges Wasser gibt es auf dem Mars. Erst kürzlich wurde ein großer See unter der Oberfläche entdeckt. Das Problem ist aber: Derzeit ist die Marsatmosphäre zu kalt, damit der Dampf sich halten kann. Erst müsste eine deutliche Erwärmung stattfinden – eben über Kohlendioxid als Treibhausgas. Künstliche Klimatreiber wie Fluorkohlenwasserstoffe wurden in der Studie nicht berücksichtigt. Sie sind zu flüchtig und müssten in großen Mengen auf dem Mars produziert werden. Mit gewaltigen Anlagen, die von der Erde dorthin gebracht werden müssten. Das klingt so utopisch, wie es ist. Und auch das Einfangen von Asteroiden und Kometen, die man dann umleitet und auf den Mars stürzen lässt, ist keine echte Option: Die Technologie existiert bislang nur theoretisch. Und selbst wenn sie verfügbar wäre, dann müssten laut der Studie mehrere Tausend Asteroiden und Kometen auf den Mars stürzen – um einen Effekt auf die Atmosphäre zu haben.

Es gibt derzeit keine Möglichkeit, um aus dem Mars wieder den Planeten machen, der er einst war: eine junge, Welt mit Seen, Flüssen und Meeren. Doch nach dem Zusammenbruch seines Magnetfeldes haben der Sonnenwind und kosmische Strahlung einen Großteil der ursprünglichen Mars-Atmosphäre quasi „weggefegt“. Wasser und Kohlendioxid sind so unwiderruflich ins All entwichen. Und das, was auf dem Mars jetzt noch zu finden ist, reicht nicht aus, um den Planeten zu verwandeln.

Das wiederum möchte Elon Musk nicht akzeptieren. Kurz nach Veröffentlichung der Studie widersprach der Milliardär auf Twitter: Es sei genug Kohlendioxid für Terraforming auf dem Mars vorhanden. Woher er sein Wissen indes nimmt, gab es nicht bekannt. Auch nicht, mit welcher Technologie er den Prozess genau in Gang setzen möchte. Allerdings will er erst 2024 Menschen zum Mars bringen. Bis dahin kann er die Welt noch überraschen.

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