Das Ende einer Legende Galileos "Selbstmord" in der Jupiter-Atmosphäre

Washington/Berlin (rpo). 14 Jahre war die Raumsonde Galileo im All unterwegs, hat dabei rund 4,6 Milliarden Kilometer zurückgelegt und Wissenschaftler in der ganzen Welt mit spektakulären Erkenntnissen beglückt. Jetzt ist ihr Ende gekommen: Mit 170.000 Kilometern pro Stunde stürzt sie dem Gasriesen Jupiter entgegen.

Reise durch unser Sonnensystem
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Die US-Raumfahrtagentur NASA hat die Sonde auf einen unausweichlichen Kamikaze-Flug in die Jupiter- Atmosphäre gelenkt, in der sie am Sonntag verglühen wird. Und wenn Galileo in die aus Wasserstoff, Helium, Ammoniak und Methan bestehenden Jupiterwolken eintaucht, horchen Wissenschaftler in aller Welt auf letzte Daten der Sonde aus den Außenschichten des größten Planeten unseres Sonnensystems.

"Wir hoffen, dass Galileo uns auch in seiner letzten Stunde neue Informationen über Jupiter geben wird", sagt die Galileo- Projektleiterin vom NASA-Strahlenantriebslabor JPL, Claudia Alexander. Dabei kommt es vor allem darauf an, wie lange die Bordinstrumente durchhalten, die bei ihrer langen Reise ohnehin schon einer vierfach höheren Strahlung als geplant ausgesetzt waren. Da sich die Sonde aber bisher auch unter schwierigsten Umständen stets als Überlebenskünstlerin bewiesen hat, haben die Wissenschaftler Grund zur Hoffnung.

Begonnen hatte die Erfolgsgeschichte vor knapp 14 Jahren. Die Raumfähre Atlantis setzte die Sonde am 18. Oktober 1989 im Orbit aus und brachte sie damit auf die lange Reise zum Jupiter. Angetrieben wurde die Sonde von einem in Deutschland gebauten Motor, der aus einem 3,5 Kilogramm schweren Haupt- und zwölf nur 300 Gramm schweren Zusatztriebwerken besteht.

"Wir sind auf unseren Beitrag zum großartigen Erfolg der Galileo-Mission sehr stolz", sagte Johannes Stuhlberger von EADS-Space Transportation - ein Zusammenschluss der deutschen Astrium und der französischen EADS.

Auf die nötige Geschwindigkeit brachte die Sonde der NASA und des Deutschen Zentrums für Luft und Raumfahrt (DLR) zunächst aber die Anziehungskraft von Erde und Venus. Schon auf ihrer sechs Jahre langen Reise zum Jupiter begeisterte die nach dem Entdecker der vier größten Jupitermonde Galileo Galilei benannte Sonde die Wissenschaftler. So lieferte sie die ersten Multispektralaufnahmen der Mondrückseite und besuchte erstmals in der Geschichte der Raumfahrt zwei Asteroiden.

Der einzige echte Rückschlag der Mission kam im April 1991, als die aus Wärmeschutzgründen zusammengefaltete fünf Meter lange Hauptantenne halb offen stecken blieb. Monatelang bemühte sich die Bodenkontrolle vergeblich, die Antenne zu entfalten. Doch dann gelang es den Wissenschaftlern schließlich, die Instrumente so umzuprogrammieren, dass die meisten Daten ohne größeren Qualitätsverlust über die Zusatzantenne zur 900 Millionen Kilometer entfernten Erde zurückgefunkt werden konnten.

Im Juli 1994 war Galileo bereits nahe genug am Jupiter, um der einzige Zeuge vom Aufschlag des Kometen Shoemaker-Levy 9 auf der von der Erde abgewandten Seite des Gasplaneten zu werden. Und nach mehr als sechs Jahren, am 7. Dezember 1995, erreichte Galileo schließlich den Jupiter. Zu den frühen Erfolgen der Mission gehörte die erste Entsendung eine Mini-Sonde in die Wolkenhülle des Riesenplaneten. 90 Minuten lang funkte sie Daten aus der Jupiter-Atmosphäre.

Mit ihren 17 Instrumenten, von denen auch drei in Deutschland gebaut wurden, lieferte die Sonde unübertroffene Daten. Wissenschaftler sprachen im Vergleich zu den Voyager- und Pioneer- Missionen der 70er Jahre von einem Quantensprung an Qualität. "Als Planetenforscher sind wir alle unglaublich fasziniert von den Galileo-Ergebnissen", begeistert sich Ralf Jaumann, der Leiter des DLR-Instituts für Planetenforschung in Berlin-Adlershof.

Neben der Erkundung des Jupiters widmete sich Galileo auch der Erforschung der Monde des riesigen Planeten und machte hier ihre aufregendsten Entdeckungen. So entdeckte die Sonde unter der "jungen" Eiskruste des Mondes Europa wahrscheinlich einen Ozean und nährte damit Spekulationen, dass dort Leben entstanden sein könnte.

Gerade diese Entdeckung war aber auch zugleich das Todesurteil der Sonde. Nach mehrmaligen Verlängerungen der Mission ist der Hydrazin- Treibstoff praktisch bis auf den letzten Tropfen aufgebraucht. Die NASA fürchtet, dass die Sonde ohne Antrieb schnell aus der Kontrolle geraten und dann über dem Mond Europa abstürzen könnte.

Da aber gerade auf Europa Lebensspuren vermutet werden, möchten die Wissenschaftler verhindern, dass Mikroben-Überreste von der Erde den Jupitermond kontaminieren. Deshalb entschlossen sie sich zu dem kontrollierten Absturz in die Jupiteratmosphäre. Dort wird Galileo verglühen, ohne auf dem Gasplaneten die geringste Spur zu hinterlassen.

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