Ungereimtheiten entdeckt Forscher zweifeln an Existenz dunkler Materie

London (RPO). Ein internationales Forscherteam ist auf Hinweise gestoßen, nach denen es überhaupt keine sogenannte dunkle Materie gibt. Von der Existenz dieser unsichtbaren und in ihren Eigenschaften bisher unbekannten Materieform gehen Astrophysiker seit einigen Jahrzehnten aus, nachdem zahlreiche Berechnungen zu den Gravitationskräften in Galaxien nicht aufgegangen waren.

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Die Wissenschaftler um Gianfranco Gentile von der Universität in Gent entdeckten nun bei der Abschätzung der Massenverhältnisse in Galaxien Ungereimtheiten, die diese Annahme über den Haufen werfen.

"Irgendetwas geht da vor, das nicht in das bisherige Paradigma passt", erklärt Benoit Famaey, einer der beteiligen Forscher. Die Ergebnisse könnten zudem bedeuten, dass die Gravitationstheorie Newtons und Einsteins umgeschrieben werden müsse, folgern die Wissenschaftler im Fachmagazin "Nature" (Bd. 461, S. 627).

Dass neben der sichtbaren Materie noch eine weitere, unsichtbare Materieform existieren könnte, vermutete der Astrophysiker Fritz Zwicky bereits 1933: Der Wissenschaftler hatte eine Ansammlung von Galaxien beobachtet, die eigentlich zu wenig Materie besaßen, um von ihren Gravitationskräften zusammengehalten zu werden.

Rätselhafter Austausch

Eine verborgene und daher als dunkel bezeichnete Materie könnte mit ihrer Masse die fehlenden Gravitationskräfte zur Verfügung stellen - eine These, die in den 1960er Jahren durch Messungen der Physikerin Vera Rubin bestätigt wurde. Die Amerikanerin hatte bei Untersuchungen des Andromeda-Nebels festgestellt, dass dieser durch eine bisher rätselhafte Kraft zusammengehalten wird. Diese Kraft deuteten Astrophysiker als die Gravitationskraft der dunklen Materie. Direkt nachgewiesen werden konnte die dunkle Materie bislang jedoch nicht.

Die Forscher um Gentile stießen nun jedoch bei ihren Berechnungen zur Verteilung dunkler und sichtbarer Materie auf einen unerwarteten Zusammenhang: Es gibt möglicherweise eine bisher unbekannte Verbindung zwischen den beiden Materieformen.

"Sie scheinen sich auf eine rätselhafte Weise miteinander auszutauschen", erklärt Famaey. So ist im Zentrum großer Galaxien offenbar gar keine dunkle Materie nötig, um die beobachteten Gravitationseffekte zu erklären. Erst außerhalb einer bestimmten Grenzfläche hätte die dunkle Materie dann einen Einfluss.

Dies lasse nach Ansicht der Forscher zwei Schlussfolgerungen zu: Entweder sei das Zusammenspiel von dunkler und sichtbarer Materie komplexer als bisher gedacht, oder - was die Wissenschaftler für einfacher und daher plausibler halten - die Gravitationsgesetze von Einstein und Newton müssten umgeschrieben werden. Damit ließen sich die Befunde nämlich problemlos erklären, stellen die Forscher fest. Allerdings gibt es zahlreiche weitere Beobachtungen, für deren Erklärung das Modell der dunklen Materie eine Rolle spielt.

(DDP/csr)
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