Nobelpreisvergabe Physik Eine Ehrung für das Rütteln an unserer Welt

Stockholm (RPO). Drei in den USA geborene Physiker werden mit dem Nobelpreis für einen Zufallsfund ausgezeichnet. Ihre Entdeckung stellt bisherige grundlegende Annahmen über die Welt völlig auf den Kopf. Sie hatten entdeckt, dass sich das Universum nicht nur ausdehnt, sondern das auch noch mit wachsender Geschwindigkeit - ein neues Mysterium für die Wissenschaft.

 Das nun geehrte Forscher-Trio hat durch die Beobachtung von Supernovae entdeckt, dass das Universum mit wachsender Geschwindigkeit auseinanderfliegt.

Das nun geehrte Forscher-Trio hat durch die Beobachtung von Supernovae entdeckt, dass das Universum mit wachsender Geschwindigkeit auseinanderfliegt.

Foto: Nasa, dpa

Den Nobelpreis für Physik teilen sich in diesem Jahr drei Wissenschaftler, die über die Forschungen zu weit entfernten Sternenexplosionen entdeckten, dass sich die Ausdehnung unseres Universums beschleunigt. Die eine Hälfte des Preises geht an Saul Perlmutter, der an der Universität von Berkely in Kalifornien arbeitet. Die andere Hälfte der mit zehn Millionen Kronen (1,09 Millionen Euro) dotierten Ehrung geht an den Australier Brian P. Schmidt und den Amerikaner Adam G. Riess.

Mit der Auszeichnung werde ihre Arbeit "für die Entdeckung der beschleunigten Ausdehnung des Universums durch die Beobachtung entfernter Supernovae" gewürdigt, teilte das Nobelpreiskomitee am Dienstag in Stockholm mit.

Eine mysteriöse Energie

In den 90er Jahren widmeten sich die drei unabhängig voneinander dem Phänomen der Supernovae. Was sie entdeckten, versetzte sie selbst in Erstaunen und ließ der Fachwelt die Kinnlade herunterklappen.

Die drei Forscher stellten in getrennten Forschungen an einer bestimmten Kategorie von Sternenexplosionen, den sogenannten Ia Supernovae, fest, dass deren Licht schwächer war als eigentlich erwartet. Die Schlussfolgerungen waren revolutionär für die Wissenschaft. Bisher ging man davon aus, dass das Weltall in Folge des Urknalls vor 14 Milliarden Jahren auseinanderfliegt, sich dieser Prozess aber verlangsamt.

Die Erkenntnisse der Supernovae-Forschung stellten diese Annahmen auf den Kopf. Denn das Universum flog nicht nur immer weiter, sondern auch immer schneller auseinander, vermutlich durch eine bislang unbekannte, mysteriöse Kraft getrieben. Verdächtigt wird in diesem Zusammenhang häufig die sogenannte Dunkle Energie. Was genau diese Dunkle Energie ist, ist unklar. Sie macht aber ungefähr drei Viertel der Masse des Universums aus.

Erkenntnis nur ein Nebenprodukt

Supernovae sind von großem Interesse für die astronomische Forschung, weil bei solchen Sternenexplosionen so viel Licht freigesetzt werden kann, wie sonst nur eine ganze Galaxie ausstrahlt. Die Forscher arbeiteten in den 90er Jahren daran, anhand dieser Supernovae eine Karte des Universums zu erstellen. Dass sich das Universum schneller ausdehnt als gedacht, war also eigentlich nur ein Nebenprodukt ihrer Forschungen. Die Auswirkungen sind aber weitreichend. Die Preisträger hätten "ein Universum enthüllt, dass der Forschung in großem Ausmaß noch unbekannt ist", erklärte das Nobelkomitee. "Alles ist wieder möglich."

Der Bonner Astrophysiker Marek Kowalski zeigte sich begeistert von der Auszeichnung seines amerikanischen Kollegen Saul Perlmutter. "Der Nobelpreis für Saul Perlmutter ist fantastisch und hochverdient. Seine Forschungsergebnisse sind die größte Entdeckung der Physik seit Jahrzehnten", sagte Kowalski von der Universität Bonn der Nachrichtenagentur dapd. Kowalski arbeitet seit sechs Jahren eng mit Perlmutter zusammen, darunter in zwei Forschungsprojekten zum Thema "Dunkle Energie". Er habe bereits in den vergangenen Jahren erwartet, dass Perlmutter den Nobelpreis erhalte, sagte Kowalski. "Nun hat er ihn endlich bekommen."

Kollegen sprechen von "Neumöblierung des Universums"

Auch andere deutsche Wissenschaftler begrüßten die Vergabe des Physik-Nobelpreises an die Supernova-Forscher. "Das ist ein großer Tag für die Astrophysik", sagte Professor Lutz Wisotzki von der Universität Potsdam am Dienstag bei einer Veranstaltung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft (DPG) in Berlin. Forscher aus diesem Gebiet erhielten den Preis nicht häufig. Der Astrophysiker Christian Spiering wertete die Leistung der drei ausgezeichneten Wissenschaftler als bedeutenden Schritt zur "Neumöblierung des Universums".

Die Verleihung erfolgt alljährlich am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters. Am Montag wurde schon der Nobelpreis für Medizin verliehen. Er ging an drei die Immunforscher Ralph Steinman, Bruce Beutler und Jules Hoffmann. Aufsehenerregend war, dass Steinman wenige Tage vor Bekanntgabe der Entscheidung starb. Die Nobel-Stiftung bestätigte aber die ungewöhnliche posthume Ehrung. Das Preiskomitee habe vom Tod Steinmans am 30. September erst nach der Pressekonferenz erfahren, hieß es. Die Regeln für die Vergabe der Preise, bei denen keine posthume Ehrung vorgesehen ist, werden deshalb auch nicht geändert.

(AP/RTR)
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