Düsseldorf Was von der BP-Plattform bleibt

Düsseldorf · Am 20. April 2010 explodierte die Bohrplattform Deepwater Horizon im Golf von Mexiko. Fast drei Monate lang trat Öl aus. Nun hat der Konzern BP einen ersten Vergleich wahrscheinlich über 7,8 Milliarden Dollar geschlossen.

Der Ölkonzern BP scheint nach der Explosion der Bohrplattform Deepwater Horizon und der anschließenden Ölpest im Golf von Mexiko noch glimpflich davonzukommen. Denn man hat sich mit mehr als 100 000 Fischern, die durch die Katastrophe ihre Arbeit verloren hatten, und anderen Betroffenen geeinigt. Eine finanzielle Obergrenze für die Entschädigungszahlungen wurde zwar nicht festgelegt. BP erklärte aber Ende vergangener Woche, auf das Unternehmen kämen Kosten von schätzungsweise 7,8 Milliarden Dollar zu. Gerechnet hatte man mit fast dem Doppelten. Von der Einigung nicht betroffen seien laut US-Justizministerium aber mögliche Entschädigungen für Umweltschäden sowie Strafzahlungen

Ein Grund für den Vergleich ist, dass niemand sagen kann, was nun tatsächlich die Langzeit-Folgen der 780 Millionen Liter Rohöl sind, die nach dem 20. April 2010 fast drei Monate aus dem Bohrloch in 1500 Meter Meerestiefe austraten. Immer noch finden sich an den Küsten Louisianas, Floridas, Mississippis, Alabamas und von Texas Ölschlamm und Teer-Bälle, die von der Gischt an Land geworfen werden.

Das Öl ist nicht auf magische Art und Weise verschwunden. Es ist immer noch da. Irgendwo da draußen. Und die Folgen werden erst in einigen Jahren bekannt sein. Das Umweltbundesamt nimmt an, dass 13 bis 39 Prozent des ausgetretenen Öls nicht abgefangen, chemisch gebunden, von Bakterien aufgenommen oder verbrannt werden konnten. Vielmehr sind sie sind in die Umwelt gelangt. Die ungenauen Zahlen sprechen indes dafür, dass noch niemand abschließend sagen kann, was das genau heißt. Davon abgesehen, dass insgesamt etwa 6600 Kubikmeter Dispersionsmittel – das sind 6,6 Millionen Liter – eingesetzt worden sind, damit sich das Öl quasi im Wasser löst und fein verteilt. Dass die wiederum nicht unbedenklich sind, war bekannt, aber man glaubte damals, keine andere Wahl zu haben.

Seit Ende 2010 weisen Fische im Golf von Mexiko immer öfter Läsionen auf. Zudem weisen sie Infektionen, vergrößerte Lebern und Gallenblasen sowie Gallengänge auf. Allesamt Zeichen für ein geschwächtes Immunsystem – aufgrund des Öls. Im Sommer 2011 führte die Universität von Süd-Florida eine großangelegte Untersuchung durch. Sie fing 4000 Fische und untersuchte sie. Tatsächlich stammte ein Großteil der erkrankten Tiere aus dem Gebiet der Ölpest. Mittlerweile haben andere Wissenschaftler die Ergebnisse noch ergänzt – und so untermauert. Allerdings warnen Forscher vor voreiligen Schlüssen. Es sei zu früh, die Erkrankungen der Fische schlüssig allein auf Deepwater Horizon zurückzuführen. In dem Gebiet gebe es viele Ölbohrplattformen, und bisweilen trete auf natürliche Weise Öl aus dem Meeresboden aus. Man werde noch weitere Untersuchungen benötigen, bis man zweifelsfrei einen Zusammenhang mit der Katastrophe vom 20. April 2010 herstellen könne.

Und was ist mit den ölfressenden Bakterien, auf die man große Hoffnungen setzte? In einem Bericht des Umweltbundesamtes vom September 2011 heißt es, dass der Prozess des Ölabbaus grundsätzlich schneller vonstatten ging als angenommen. Allerdings hätten Tauchexpeditionen in dem Gebiet festgestellt, dass der Tiefseeboden in der Nähe der Austrittstelle ein "Friedhof" sei – mit einer "dicken Schicht braunem Schleim" überzogen. Durch den Einsatz der Dispersionsmittel auch Unterwasser "in einem nicht vergleichbaren Ausmaß wurde ein ,Freilandexperiment' initiiert, mit zunächst noch unklaren Folgen für Natur und Umwelt".

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort