Düsseldorf Warum die meisten Flüsse weiblich sind

Düsseldorf · Etwa drei von vier Flüssen im deutschen Sprachraum tragen weibliche Namen.

Wasser rinnt, der Rhein auch. Das ist kein Wunder, denn sowohl das Verb "rinnen" als auch der Name des größten deutschen Flusses gehen wahrscheinlich auf die indogermanische Wortwurzel "rei" zurück, die fließen oder eben rinnen bedeutet. Schon die alten Kelten am Rhein jedenfalls nannten ihn Renos, die Römer dann Rhenus – bei ihnen trugen alle Flüsse lateinische Namen männlichen Geschlechts. Und so heißt der Rhein auch bei den Franzosen "le Rhin", also der Rhein, obwohl sonst in Frankreich einem Flussnamen meist der weibliche Artikel vorangeht.

Dafür, ob Flüsse männlich oder weiblich sind, "gibt es keine verlässliche Regel, sondern allenfalls eine Tendenz: Etwa drei von vier Flüssen im deutschen Sprachraum tragen weibliche Namen", sagt der Sprachwissenschaftler Albrecht Greule von der Universität Regensburg, dessen "Deutsches Gewässernamenbuch" in diesen Tagen erscheinen wird. Und noch etwas lässt sich sagen: Je länger der Fluss, desto größer die – nach wie vor bescheidene – Wahrscheinlichkeit, dass sein Name männlichen Geschlechts ist. So finden sich in der Größenklasse "100 Kilometer plus" immerhin acht männliche Flüsse, nämlich Rhein, Neckar, Main, Kocher, Inn, Lech, Regen sowie Rhin, ein Nebenfluss der Havel. Auffällig auch, dass diese Flüsse vorwiegend in der Südhälfte Deutschlands fließen. Doch auch bei den mehr als 100 Kilometer langen Flüssen sind die meisten Namen weiblich – warum auch immer.

In Süd- und Südwestdeutschland sowie in Österreich mag das schon daran liegen, dass viele Flüsse den Wortbestandteil "-ach" (althochdeutsch: aha für Fließgewässer) in sich tragen, der mit dem lateinischen "aqua" (Wasser) verwandt ist und jeden Fluss quasi zur Frau macht, etwa die Salzach, die Schwarzach oder die wilde Ötztaler Ache. Zudem hatten früher viele Bäche, die heute männlichen Geschlechts sind, weibliche Namen. So kennen Historiker die "Schlacht an der Katzbach", bei der Preußen und Franzosen 1813 in Schlesien aufeinanderschossen. Bis heute sagen in manchen Dialekt-Regionen alte Menschen noch die statt der Bach. Das passt dazu, dass auch Beeke oder Bäke – niederdeutsche Bezeichnungen für Bach – weibliches Wortgeschlecht aufweisen.

Die meisten unserer Gewässernamen bestehen aus zusammengesetzten Wörtern, nämlich aus einem vorangestellten Teil, der das Gewässer näher beschreibt, und einem angehängten Grundwort, das es einer bestimmten Gattung zuordnet, so wie bei "-bach" oder bei "-ache", aber auch bei "-see". Oder wie im Spanischen bei Rio Grande oder Rio Tinto. Dort allerdings reitet der Gattungsbegriff Rio voran und macht, da er selbst maskulin ist, alle Flüsse männlich. Bei Seen wird das Grundwort manchmal weggelassen, wodurch aus dem Stechlinsee einfach der Stechlin wird – unabhängig vom Geschlecht dieses Wortteils.

(RP)
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