Rätsel des Alltags Wann und warum ist ein Stromschlag tödlich?

Düsseldorf (rpo). Ein Stromschlag kann einen Menschen töten. Was aber geschieht, wenn man ´einen gewischt` bekommt, etwa beim Versuch ein Pferd hinter einem elektrischen Weidezaun zu streicheln? Ab welcher Stärke und warum ist ein Stromschlag gefährlich?

Unsere Muskeln werden über die Nerven mit kleinen Strömen gesteuert. Wenn man nun ein spannungsführendes Objekt berührt, wird von außen Strom durch den Muskel geschickt, der Muskel zieht sich unkontrolliert zusammen. Das entspricht einem Krampf und ist entsprechend schmerzhaft. Schon eine kurze Berührung empfindet man wie einen Schlag, daher wohl der Begriff Stromschlag.

"Was dabei passiert, hängt davon ab, ob es sich um Gleich- oder Wechselstrom handelt, wie hoch die Stromstärke ist und wie die Strombahn im Körper verläuft", erläutert Jörg M. Fliege, Professor für Elektrotechnik an der Fachhochschule Mannheim. Die Stromstärke wird durch die Höhe der elektrischen Spannung sowie die Übergangswiderstände an der Berührstelle und den Füßen bestimmt (feuchte oder trockene Haut, Schuhwerk, Bodenfeuchtigkeit). Wenn es kritisch wird, spielt auch noch die Zeit der Berührung eine Rolle: Die Muskeln können sich so verkrampfen, dass man das versehentlich angefasste spannungsführende Teil nicht mehr loslassen kann.

Mit "vier nicht isolierten" Beinen

Zum Weidezaun: Der wird von den Tieren ja womöglich mit der feuchten Nase berührt. Zudem stehen sie mit vier "nicht isolierten" Beinen auf feuchtem Untergrund, die Übergangswiderstände sind also sehr gering. Man arbeitet deshalb zwar mit recht hoher Spannung, hat den Strom aber auf Impulse ungefährlicher Höhe und Dauer begrenzt - man will ja weder den Tieren schaden noch Menschen, die versehentlich den Zaun berühren.

Hoher Gleichstrom (mit dem man im normalen Leben aber kaum in Berührung kommt) so Fliege, verändert das Verhältnis der Elektrolyte, der positiv und negativ geladenen Teilchen (Ionen) in den Körperflüssigkeiten, und verursacht Verbrennungen.

Nur noch ein hilfloses Zittern

Der Wechselstrom unserer Netzfrequenz mit 50Hz ist jedoch am gefährlichsten. Dabei spürt man Ströme von weniger als einem Milliampere (mA) noch gar nicht, dann kribbelt es immer mehr, bis bei etwa 15mA die Verkrampfungen beginnen. Bei 30mA (das ist der übliche obere Ansprechwert eines Fehlerstromschutzes im Sicherungskasten der Wohnung) wird es unerträglich und der Blutdruck steigt.

Bei über 50mA (etwa ein Fünftel des Stroms durch eine 60 Watt-Glühlampe) und Strombahn über das Herz kommt es zum Herzkammer-Flimmern: der Taktgeber des Herzmuskels bewirkt nur noch ein hilfloses Zittern, bei dem kein Blut mehr gepumpt wird. Das Kammer-Flimmern bleibt auch nach Unterbrechen des Stromflusses erhalten. "Dann hilft nur noch eine Herzmassage - oder die elektrische Defibrillation, bei der mit gezielten Stromimpulsen sozusagen der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird".

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